Grete Schröfl - Robert Schröfl: Korrespondenz


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Russe, den 6.6.1935

Mein Liebes!

Ich habe gestern mit der Frau eines Monteurs gesprochen, die kürzlich per Schiff kam, und dabei erfahren, daß es in der Zentrale der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft ein Ermäßigungs-Büro gibt, wo man Hin- und Rückfahrkarten bedeutend billiger bekommt. Diese Frau hat die Ermäßigung zwar nicht selbst ausgenützt, weil sie davon erst später erfuhr. Die Karten gelten 60 Tage und sollen bis Russe und zurück S 53 kosten und zwar 1. Klasse. Auch hat sie keine Kabine sondern eine Schlafstelle gehabt, die zwar unter Deck war, aber dafür nur S 5 kostete. Die Frau sagt, daß man ja so lange auf ist, da spielt es gar keine Rolle, ob man ober oder unter Deck schläft. Außerdem hatte diese Kabine nur 2 Schlafstellen, so daß Du und Werner eigentlich doch für die ganze Fahrt eine eigene Kabine haben würdest. Das Gepäck kann man in solchem Falle in die Kabine geben, so daß auch die Aufbewahrung von S 1,50 per Stück entfällt.

Das Büro ist in der Unteren Donaustraße, in der Nähe der Rettungsgesellschaft. Der vorangeführte Fahrtpreis ist nur dann so viel ermäßigt, wenn vor dem 15. Juni eingereicht wird. Bitte, gehe daher so bald als möglich dahin. Weiters frage dort, ob der Fahrtpreis in Schilling bezahlt werden muß, oder ob man diesen auch hier in Lewa zahlen kann, auch frage bitte, welches Schiff am 14. Juli von Wien abfährt, damit ich schon früher hier mit den Schiffsleuten sprechen kann. Auch wird es gut sein, wenn Du Dir schon früher die Kabine reservieren läßt, da voraussichtlich im Juli viele Fahrgäste sein werden. Falls der „Helios“ fährt, so laß Dir Nr.45 reservieren. So, jetzt weißt Du wieder einiges, geh bald dahin und mach’s gut.

Wie fühlt Ihr Euch denn in der neuen Wohnung? Ist alles gut gegangen? Bin schon auf Deinen ersten Brief von Wien recht neugierig.

Ich bin seit gestern nachmittag verwaist, Störs sind in Bukarest. Hoffentlich geht es ihnen gut und sie werden nicht zu viel gewurzt.

Eine Kommission hast Du auch schon. Herr Nikoloff von der hiesigen Post, er ist der Herr, mit dem ich unmittelbar zu arbeiten habe, ersuchte mich, daß Du für seine Frau drei Kombines mitbringen möchtest. Hier bekommt man unsere Qualität nicht. Finny wird Dir darüber noch Näheres schreiben. Du könntest diese Sachen ins Wasser stecken, damit sie nicht neu aussehen. ich werde diesbezüglich der Firma schreiben, damit ich diese Wäsche verrechnen kann, so daß Niko dafür nichts zu zahlen hat. Na, das ist eigentlich für Dich gleich.

Heute früh brachte mir Katja schon einen Teller voll roter Maulbeeren ins Bett. Gestern war ich lange Zeit mit den Kindern im Garten, wir spielten so verschiedenes, wobei der Text von den Kindern bulgarisch, von mir deutsch gesagt wurde. Das war ganz drollig.

Nächste Woche kaufe ich schon zwei Liegestühle für Euch. Damit Ihr’s bequem habt.

Heute haben wir hier Maria-Himmelfahrt oder Christi, ich weiß es nicht genau, auf jeden Fall ist ein Feiertag. Bei uns im Büro ist es vormittag kühl, es ist halb 10 Uhr, und doch zeigt unser Thermometer schon 27 Grad Celsius. Ich will gar nicht hinausgehen, denn in der Sonne hat es bestimmt über 40 Grad. Wie wird es denn sein, wenn es später im Schatten mehr als 40 hat?

Und nun, mein Schatz, schreibe bald wieder. Es umarmt Dich

Dein Robert.

Russe, den 6.6.1935

Lieber Fredy!

Nun, ich sehe, Du mußt ja doch noch Ingenieur werden.

Deine Skizze über die Flugmaschine ist ganz gut, nur ist mir da einiges nicht ganz klar, Du mußt mir diesbezüglich noch eine Erläuterung schicken.

Soviel ich sehe, willst Du eine Maschine konstruieren, die in große Höhen steigen kann, da Du einen Sauerstoffbehälter angenommen hast. Dann muß aber der Raum, wo sich die Leute aufhalten, sehr gut abgedichtet sein, damit in größeren Höhen die Luft nicht entweicht.

Weiters willst Du Dein Flugzeug mit Elektrizität betreiben. Das ist aber bis jetzt nicht leicht möglich, da die Technik noch nicht über leichte Elektrizitäts-Sammler (Akkumulatoren) verfügt. Es würde daher das Flugzeug die schweren Akkumulatorenbatterien mitführen müssen, was aber wieder die Nutzlast (d.s. Passagiere, Flugpost oder aber bei Militärflugzeugen Waffen und Munition) sehr verringert.

Man hat, bald nach der Erfindung des Autos, Elektroautos konstruiert, die gleichfalls Batterien mitführten und mittels zweier Elektromotoren betrieben wurden. Diese Elektromobile waren im Vergleich zu den damals sehr geräuschvollen Automobilen sehr angenehm, weil sie vollkommen geräuschlos fuhren, aber trotzdem sieht man heute nur ganz selten solche, weil sie infolge des Mitführens der toten Last sehr unwirtschaftlich sind.

Und so glaube ich, daß sich auch im Flugwesen der Benzinmotor so lange behaupten wird, bis eine leichte Akku-Batterie erfunden wird. Bis jetzt braucht man zu diesen Batterien entweder Blei oder Eisen und Nickel, alles schwere Metalle.

Also, lieber Fredy, da mußt Du vorerst einen Akkumulator erfinden. Bleibe daher lieber beim Benzin- oder Benzolmotor, der aber gewiß den Nachteil hat, daß das Betriebsmaterial feuergefährlich ist, was bei einem Absturz beinahe immer zu einem Brand führt und auch, daß der Benzinmotor, besonders die starken Flugmotoren, sehr viel Geräusch machen. Das ist bei Militärflugzeugen sehr nachteilig.

Auch Dein Antrieb des Propellers ist nicht ganz richtig, Der Propeller hat die Hauptarbeit zu leisten. Die Arbeit, die bei der Eisenbahn zum Beispiel 8 oder 10 Räder leisten, muß der Propeller allein verrichten. In einem solchen Falle ist es günstiger, zwischen dem Antrieb des Motors nicht einen Riemen oder eine Kette zu geben, sondern den Propeller mit dem Motor direkt zu kuppeln (die Achse des Motors wird länger gelassen und darauf der Propeller direkt montiert).

Das sind alles Sachen, die Du noch nicht wissen kannst, darum schreibe ich Dir darüber. Ich erinnere mich ganz gut, daß ich einmal, mit meinem damaligen Freund Haberl, heute ist er Tierarzt in Hütteldorf, eine Bahnlokomotive mit Uhrwerk konstruierte. Damals dachte ich auch, daß man mit einer Uhrfeder einen Eisenbahnzug in Wirklichkeit betreiben kann.

Schreibe mir bitte, aber schöner wie zum letzten Male. Mit dem Schreiben mußt Du Dich wirklich zusammennehmen, damit Du dann in der Realschule gut durchkommst.

Viele Küsse, auch an Robert und Werner,

Dein Vater.

Russe, den 7.6.1935

Mein armes Liebes!

Wie es doch im Leben so gar nicht richtig eingeteilt ist. Du liegst zu Hause krank, wo so viel zu helfen wäre, und ich sitze hier und weiß mit der freien Zeit nichts Richtiges anzufangen.

Nun kann ich ja nur hoffen, daß Dir schon wieder besser ist, vielleicht hilft Dir die freundliche Wohnung, die Dir, wie ich aus Deinen Zeilen lese, wirklich lieb ist, daß Du bald wieder gesund wirst. Ich freue mich ja auch schon, wenn ich einmal Einzug halten kann.

Heute Nacht hatten wir hier ein Erlebnis, an welches wir uns noch lange erinnern werden. Wir hatte hier ein Unwetter, wie ich solches noch nicht erlebt hatte und wie’s auch hier seit 35 Jahren nicht gehaust hat. Um ca. halb 4 Uhr früh erwache ich durch einen Sturm, der an dem offenen Fenster rüttelte. Ich mache das Fenster zu, damit es nicht zerschlagen wird, dabei leuchten mir fortwährend Blitze, jedoch ganz sonderbar ohne merklichen Donner. Ich liege kaum wieder im Bett, auf einmal geht ein Bombardement los, wie wenn faustgroße Steine auf das Dach geworfen werden möchten. Ich wußte momentan nicht, was ich denken sollte. Fortwährend blitzte es, ein Sturm kam, daß alles ächzte und bebte. Ich dachte jetzt an ein Erdbeben, zog schnell meine Hose an, vorher hatte ich Licht gemacht, dieses brannte manchmal dunkel, dann wieder ganz grell, bis es überhaupt verlöschte. Draußen schien die Hölle los zu sein. Es war überhell vom Blitz, der Himmel strohgelb mit weißen Dunstmassen. Immerwährend fiel der Hagel, ich dachte, er muß durch’s Dach oder durch die Wand kommen. Im Haus sowie in der Umgebung hörte ich die Fenster zerbrechen, soweit überhaupt in diesem Lärm etwas zu hören war. Nun aber begann der erste Schreck schon zu verschwinden, außerdem hörte ich die Hausleute schon herumarbeiten, die Glasscherben und das Eis herauskehren, ich sah, daß es ja doch nur ein starkes Gewitter war, so zog ich mich wieder aus und legte mich nieder. Meine Fenster liegen nicht in der Einfallsrichtung des Hagels. Auch wurde es schon licht. Ich schlief daher ein und hätte mich verschlafen, wenn Fritz nicht einen Mann mit der Post zu mir geschickt hätte, daß ich sofort zur Post kommen soll mit dem Fotoapparat. Und da sah ich erst, was das Gewitter angerichtet hatte. Alle Fenster, die in der Ost-West-Richtung lagen, waren zerschlagen. Nach dem offiziellen Bericht sind 70 % hin. Die Eisstücke waren größer als ein Hühnerei und hatten bis 200 g Gewicht. Um halb 8 Uhr fanden wir noch Eis größer wie ein Doppelschilling. Das war 4 Stunden nach dem Hagelschlag. Obst und Wein sind zum großen Teil zerschlagen, ein Glück, daß dieses Unwetter nur auf einem verhältnismäßig kleinen Strich niederging. Leute, die in den Dörfern im Freien geschlafen, wurden durch das Eis erschlagen. Der Sturm hatte laut dem amtlichen Bericht eine Stundengeschwindigkeit von 100 km.

Bei uns im Amt hat es natürlich auch alle Fenster zerhaut, 850 Stück. Unsere Einrichtungen sind zum großen Teil noch eingepackt, in den Fernschränken lag Eis, Wasser und Glasscherben. Die bereits montierten Luftkabel wurden an einigen Stellen so eingeschlagen, daß man dies mit einem Hammer nicht so fertig bringt. Inwieweit der Schaden sich noch auswirkt, wird sich erst später zeigen. Wir haben ein Protokoll aufgenommen, um für alle Fälle gedeckt zu sein.

Dienstag, den 11.6.1935

Heute ist Werners Geburtstag. Wir haben gestern abend sehr an Euch gedacht, besonders an die Torte! Deine Karte hat mich wieder beruhigt, ich hoffe, daß Du nun ganz gesund bist.

Bezüglich der Fahrt am Schiff habe ich hier erfahren, daß die Schiffsgesellschaft Rückfahrkarten ausgibt, die ca. Lw 3700 kosten und die Fahrt I. Klasse einschließlich Kabine I. Klasse und Verpflegung enthalten. Ich lasse jetzt noch nachfragen, wieviel für Werner zu zahlen ist. Wenn man die Hälfte rechnet, so würde alles auf ca. Lw 5500 kommen. Das ist verhältnismäßig billig, da ja Schmid für seine Frau ab Bratislava alles in allem 4200 Lewa zahlen mußte. Wahrscheinlich warst Du schon bei der D. D. S. G. und hast auch schon etwas erfahren. Diese Rückfahrkarten sind aber in Wien in Schilling zu bezahlen, bitte daher mir zu schreiben, ob Du Geld brauchst. Ich müßte Dir dann welches auf irgend einem Weg schicken.

Ich habe das vorige Monat ca. 5000 Lw bei der Firma stehen lassen, mit der Bitte, den Überschuß Dir anzuweisen. Das sind nach dem Siemenskurs ca. S 300. Dieses Geld wirst Du wahrscheinlich mit dem Junigehalt bekommen. Sollte es Dir die Firma nicht schicken, so bitte Rommel, daß er die Überweisung veranlaßt. Mein Schreiben an die Firma ist vom 28. Mai 35.

Sonst gibt es eigentlich hier nichts Neues, heiß ist es nach wie vor, ich glaube, das Klima ist für Dein Ischias sehr günstig.

Wir haben jetzt, der Hitze wegen, 3 Stunden Mittag. Da gehe ich von Störs noch nach Hause und tusche mich kalt ab, dann spiele ich noch mit den Mädels, die auch erst um 3 Uhr Schule haben.

Samstag waren wir bei einem deutschen Lehrer-Ehepaar zu einer Erdbeer-Bowle eingeladen, die wirklich wunderbar schmeckte.

Richtig, Horky und Glasel sind auch schon in Russe eingetroffen. Es geht nun im Amtsbau schön vorwärts. Ich hoffe, daß bis Ende Juli die Kabelarbeit beendet ist, damit ich mit Euch in Ruhe fortfahren kann.

Sei gesund, mein liebes Butzerl! Küsse die Kinder für mich, Dich umarmt in Sehnsucht

Dein Robert.

Wien, 10.6.1935

Du mein Liebstes!

Heute weiß ich mal nicht, wo ich Deinen letzten Brief habe. Aber das kommt eben auch von den „vielen Köchen“. Es ist ja nun doch leider so gekommen, wie ich’s gerne vermieden hätte. Und trotzdem muß ich ja froh sein, daß man mir allseits so hilfsbereit entgegen kam.

Mutter war vom vorigen Sonntag (2.6.) bis gestern da. Hansi kam täglich um zu helfen und Samstag, als ich vom Markt nach Hause kam, kniete nicht nur Hansi, sondern auch Rosa auf dem Boden, um mit vereinten Kräften Wachs einzulassen und zu bürsten.

Olga hat Dienstag veranlaßt, daß Richard den Kleinen holt, nachdem ich ihr gesagt hatte, daß ich mit Richard bereits das Abkommen getroffen hatte, daß der Bub während meines Urlaubs zu ihm übersiedelt. Allerdings kam denselben Vormittag dann die Nachricht von Dir, daß ich Werner mitnehmen soll. Also Werner kam erst heute vormittag wieder nach Hause. Sein Fortsein war mir eine wahre Wohltat. Denn von allen macht mich der Bub am meisten nervös. Es gibt doch kaum 5 Minuten des Tages, wo ich von ihm Ruhe habe.

Die Großen sind besser seit wir in Wien sind. Zu einer ernsthaften Rauferei ist’s bis jetzt nicht gekommen. Kleinere Gefechte gab’s ja wohl. Vielleicht nehmen sie doch auch ein wenig Rücksicht auf mich.

Es geht mir ja nun verhältnismäßig wieder gut. Das Fieber ist vollständig geschwunden und der Magen tut mir nur weh, wenn ich ihn drücke. Essen kann ich natürlich nicht ganz wahllos, doch ist’s mit der Diät nicht so arg. Sehr vorsichtig muß ich nur sein mit Fleisch (gar kein Fett), Salat (so wenig als möglich), Käse und Wurst.

Ich glaube, ich werde nun doch erst zum Arzt gehen, wenn ich von Dir zurückkomme. Aussehe ich auch schon wieder besser. Vor ein paar Tagen sagte mir Trude, ich sehe aus wie ein Windhund, nur laufen könne ich nicht so schnell. So arg ist’s nun natürlich nicht, aber ich habe schon wirklich elend ausgesehen. Freitag kaufte ich mir einen sehr breiten miederähnlichen Strumpfbandgürtel. Die Festigkeit tut mir scheinbar sehr wohl, wenn’s auch bei Hitze durchaus nicht angenehm sein wird. Seit ein paar Tagen ist’s ja warm bei uns; ca 29 Grad im Schatten. Aber immer noch keine Hitze wie vor 5 Jahren, als Werner geboren wurde. Heute vor 5 Jahren schlief ich bei Mutter. Es liegt das alles so weit hinter mir.

Kind, ich weiß nicht, ich habe jetzt wieder so eine Zeit, wo mir das ganze Leben so unwirklich erscheint. Na, als ob’s nicht ich sondern jemand Fremder alles erleben würde. Es ist dies nicht zum ersten Mal und gewöhnlich folgt dann die Reaktion, in der ich fest mit beiden Füßen auf dem Boden der Wirklichkeit stehe.

Sag, Schatzerl, geht’s nur mir so?

Lege Dir einen Prospekt bei, der mir von Olga überbracht wurde. Vielleicht läßt sich die Geschichte doch billiger machen, als es zuerst den Anschein hatte. Du weißt ja, daß mir viel Geld ausgeben für mich immer ein Greuel war, und nun gar jetzt, wo wir insgesamt 1022 S Schulden haben und es fehlt doch noch vieles.

Trotzdem denke ich, ist der jetzige Umzug rentabler gewesen als der vor 6 Jahren. Da brauchten wir noch mehr Geld und hatten weniger davon.

11.6. morgens.

Die Kinder schlafen noch alle, heute ist ja noch frei. Die beiden Großen waren gestern mit der Sonntagsschule auf der Sulzwiese auf dem Kahlenberg. Robert wollte eigentlich heute nach Weidlingau fahren, hat sich’s aber überlegt.

Von rechts und links tönt Vogelgezwitscher. Wohl meist Spatzen. Sonst habe ich bis jetzt nur Amseln gesehen und Tauben en masse. Ein Eichkatzerl hält sich auch im Garten auf, oder besser gesagt in den Gärten, es stoßen hier vier Gärten zusammen. Keiner groß, doch zusammengenommen ergibt es einen ganz netten Anblick. Na, überhaupt gefällt’s mir eben da großartig.

Nun sind die Kinder schon wach. Werner singt den Großen eben ein Lied vor, das er von seinem „Vetter“ gelernt hat. Schön ist ja anders, aber was willst Du machen, sie fassen eben alles Unschöne viel leichter und lieber auf als das Schöne.

Ja, noch etwas. Ich bin erst beim Suchen nach unseren Sicherungen und dem Zähler darauf gekommen, daß unsere Wohnung in Untermiete ist. Es ist nämlich ein abgetrennter Teil, der früher scheinbar enorm großen Hausherrenwohnung.

Nun glaube ich ja, daß die Sache an und für sich kaum von Belang ist, aber angenehm ist’s mir doch nicht. Sicherungen wie Zähler sind im Stiegenhaus und Vorzimmer der Hausherrenwohnung. Und natürlich separat für alle drei Wohnungen. Es ist nämlich noch ein zweiter Teil vermietet, und zwar näherliegend und nicht ganz abgetrennt von der Hauptwohnung. Diese hat gemeinsamen Stiegenaufgang und Vorraum. Wir unseren Aufgang ganz separat, so daß ich auf solche Idee gar nicht kommen konnte.

Also bitte erkundige Dich wegen der Pauschalreisen nach Varna. Mir ist nämlich nicht klar, ob ich dann in Russe bleiben kann, oder absolut in Varna sein müßte.

Nun, Lieb, leb wohl; nun ist’s nur mehr fünf Wochen bis zu unserem Wiedersehen! Ist aber besser, ich denke nicht daran, sonst ist’s vor Sehnsucht nicht auszuhalten.

Sag, Kind, wieso wartest Du immer vergeblich auf Briefe von mir. Ich schreibe doch ganz regelmäßig, allerdings nie mehr als einen Brief in der Woche.

Viele tausend innige Küsse

von Deinem Weib.

11.6.1935, abends

Herzlieber Schatz!

Just als ich um halb 9 Uhr morgens den Brief an dich abschicken wollte, kam der Briefträger und brachte mir Dein lb. Schreiben vom 6.d. M.

So will ich Dir noch rasch ein paar Zeilen dazu schreiben, selbst auf die Gefahr hin, daß Du in der Woche vergebens auf eine Nachricht wartest.

In die Untere Donaustraße werde ich morgen gehen. Schicke Dir aber den Prospekt trotzdem mit. 53 S wäre ja allerdings noch billiger. Na, wir werden ja sehen. Werner freut sich auch schon. Ich fürchte nur, es wird ihm sehr fad werden, die Fahrerei.

In der Wohnung fühlen wir uns wohl. Und nicht nur ich, auch die Kinder, besonders allerdings Robert.

Schatzerl, ich glaube, Du willst mich sehr verwöhnen, wenn ich komme. Ob das gut ist? Ich muß ja dann doch wieder in des Alltags Tretmühle; vielleicht wird’s mir dann allzu schwer. Zwar, wenn ich gesund bin, freut mich ja das Faulenzen gar nicht. Dafür war mir in der vergangenen Woche alles so egal und das Arbeiten machte mir gar kein Vergnügen. Ich bin herzlich froh, daß dieser Zustand wieder vorbei ist.

Habe für die Buben auf Jankerl gekauft. Für Robert auch auf eine zweite Jägerleinenhose. Die Sonntagsanzüge sind für den Sommer doch allzuschwer und heiß. Wir hatten heute um 8 Uhr abends eine Temperatur von 28 Grad C.

Es wird gut sein, wenn Fini mir bezüglich der Qualität und Farbe der mitzubringenden Combinages noch schreibt. Auch den ungefähren Preis. Für Hella soll ich wieder umgekehrt eine bulgarische Bluse mitbringen.

Nun habe ich auch Deinen letzten Brief gefunden. Na, wenn bei Euch solche Gewitter niedergehen, wird’s wohl gut sein, sich anstatt Schuhen ein Paar Kähne zu kaufen.

Aber Kind, Du schaust immer nur auf diejenigen, die es „besser“ haben, anstatt Dich Deiner gold’nen Freiheit zu freuen. - Aber umgekehrt würde Fritz’s Nüchternheit wahrscheinlich auch nicht vorhanden sein, wenn es seine Frau wäre, die kommt. Auf jeden Fall freue ich mich schon, wenn Ihr winkt.

Heute habe ich die Dauerwellenprozedur über mich ergehen lassen. Ich glaube, viel ärger kann das Operieren auch nicht sein. Wenigstens nicht, was Zeit anbelangt. Nur die Folgen sind wahrscheinlich unangenehmer. Ich sehe jetzt so schön aus, daß Du mich gar nicht erkennen kannst. Und gar nicht so aufgedonnert, wie wenn ich beim Weidlingauer Friseur war. Auch so kraupert, wie man’s manchmal sieht nach der Dauerwellung, bin ich nicht.

Kirschen und Erdbeeren kosten bei uns 1.40 S, Salat gibt’s schon 3 Stück um 10 g.

Grüße an unsere lieben Freunde! Es umarmt Dich heiß

Dein Weib.

Wien, 14.6.1935

Herzlieb!

Heute in einem Monat fahren wir schon, sind vielleicht schon in Budapest. Also, Kinderl, mit den 53 S ist es nichts. Es ist bloß diese Pauschalreise nach Varna, von der Du nach Deinem Brief vom 11.d. M. ja auch unten Kunde bekamst. Ermäßigung für Kinder gibt es da allerdings keine und man riet mir, für Werner eine normale halbe Karte zu nehmen, ohne Verpflegung und ohne Bett. Der Herr von der Auskunftei meint nämlich, die Schlafplätze seien zwar schmal, aber so ein „kleiner Kerl“ hat schon noch Platz daneben. Und die Schiffsverpflegung soll so gut sein, daß so ein kleines Kind das ja nicht essen kann und man daher besser daran ist, ihm etwas a la carte geben zu lassen.

Hier sagt man, daß Du auch in Russe in Lewa bezahlen kannst. Doch müßtest Du die gelösten Karten herschicken. Bitte erkundige Dich also nochmals, doch schreibe mir GLEICH darüber. Ich muß nämlich, wenn’s von hier aus geht, 14 Tage vor Abfahrt in das Ermäßigungsbüro gehen anmelden und eine Angabe geben. Muß ich hier in Schillingen bezahlen, so werde ich mit den angewiesenen 300 S zu wenig haben. Ja, noch etwas! Die Kabinen sind zwar unter Umständen vierbettig, doch nach Geschlechtern getrennt. Welches Schiff am 14. Juli fährt, konnte man mir noch nicht sagen.

Sag einmal, könntest Du nicht veranlassen, daß ich das Geld entweder selbst von der Firma holen kann oder Fritz es eventuell auch für uns behebt. Es kommt sonst immer erst am 3. oder 4., was mir a conto Zins u.s.w. sehr unangenehm ist. Bei Artmanns hat das ja weniger geniert, aber hier kann ich doch nicht am 4. erst bezahlen.

Wir waren (Werner war mit) vom Schiffsbüro aus bei Rommels; ich wollte mir die bestellten Fensterscheiben holen, doch war niemand zu Hause. Wir kamen just zu Büroschluß und warteten, bis schon kein Mensch mehr kam, aber scheinbar war Fritz gar nicht da. Ich hätte ihn auch gerne wegen des Radioapparates gefragt. Es ist zwar ganz angenehm, wenn manchmal kein Radio geht, aber wenn man gar nie etwas hört, ist’s auch nicht schön.

Über Eure Unwetter muß ich immer noch nachdenken. Man kann sich so etwas überhaupt nicht vorstellen. Die Vielen, die darunter zu leiden haben! Auch in Prag ist dieser Tage wieder ein arges Wetter niedergegangen. Die Feuerwehr mußte wieder überall ausrücken und ausschöpfen. Wahrscheinlich ähnlich wie 1926. Bei uns ist’s wohl meist recht stürmisch, aber richtige Gewitter haben wir nicht. Es regnet höchstens. Seit 12 Tagen nicht einmal das.

Wenn’s Sonntag schön ist, fahre ich mit den Kindern nach Weidlingau. Ich muß doch sehen, wie meine Blumen gedeihen unter fremder Pflege. Sie gehen mir ja doch ab, aber trotzdem sehne ich mich nicht zurück. Und daß ich keinen Garten habe, ist ganz gut.

Fühle mich überhaupt ganz kannibalisch wohl in dem Bewußtsein, keine eigentlichen Nachbarn zu haben. Kein Mensch, der an meinen Fenstern vorbeigeht, kann hereinschauen. Ich kann tun und lassen, was ich will, ohne bekrittelt zu werden. Und nicht einmal ein G’frett mit der Waschküche!

Vorgestern habe ich das erste Mal gewaschen. Der Boden trocknet ausgezeichnet. Er ist ungefähr 10 m lang und 3 m breit. Natürlich kann man nicht die ganze Länge benützen, weil das Dach auf beiden Seiten der Länge vom Boden aufwärtsstrebt. Dafür ist es in der Mitte so hoch, daß oben noch einmal Querbalken durchgehen.

Die Kinder waren heute bei Mutter. Fredy und Werner zuerst im Plantschbad auf dem Gürtel. Morgen geht Fredy in’s Kongreßbad. Er bekommt eine Anweisung von der Schule, so daß es nur 10 g kostet.

Mutter ist vorgestern wieder gefallen. Sie war mit Richard auf dem Boden und fiel über den Tram. Trude sagt, sie schaut furchtbar aus. Die Zunge hat sie ganz schwarz und durchgebissen, daß man alle Zähne sieht. Gut, daß sie unten keine hatte. Das Schienbein von oben bis unten ganz aufgeschürft. Und auch auf der Brust Verletzungen. Es ist halt ein Kreuz!

Robert sagte mir eben, daß eine Schreibmaschine, neueres System (Doppelumschalter u.s.w.), um 130 S zu haben wäre. Br. Burton (er ist Amerikaner und hier irgend etwas bei der Botschaft) sagte davon. Die Maschine ist erst drei Monate in Gebrauch und wird nun weggegeben, weil man eine noch neuere Type nehmen will. Nun meinen die Mädels, wenn Du die Maschine später kaufen würdest, möchten sie sie einstweilen nehmen. Schreibe bitte gleich, was Du davon denkst. Es ist ein Viertel des tatsächlichen Wertes bezahlt mit dem Preis.

Sonntag habe ich mit Niedermeier gesprochen betreffs Fredy. Er läßt Dich recht herzlich grüßen. Ja, sag, wo sind denn uns’re Straßenkarten? Zu Hause waren sie nicht. Auch fehlt mir das große Reißzeug. Hast Du alles im Geschäft? Bitte Antwort !!!

Viele herzliche Grüße von den Kindern. Werner schwärmt schon von Haifischen, die hinter jedem Schiff nachschwimmen. Das kann ich ihm nicht ausreden.

Grüße an Störs. Daß Du recht gut schläfst und träumst von all den Busserl, die ich schicke, wünscht

Deine Gretel.

Russe, 19.6.1935

Mein liebes Weib!

Ich komme eben von der Agentie der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft. Es ist leider nicht möglich, die Karte hier in Lewa zu bezahlen. Ich bekomme jedoch in Russe Schillinge, die Dir per Post zugesandt werden. Du mußt Dich daher anmelden. Sag, mein Schatz, könntest Du nicht schon mit einem früheren Schiff kommen? Die Kinder haben ja wahrscheinlich schon am 6. Juli Schluß, so könntest Du doch vielleicht am 10. Juli abfahren. Ich brauche Dich doch schon so, in jeder Weise, mein Liebes Du. Da wärest Du an einem Samstag hier und wir könnten uns eineinhalb Tage ganz haben. Wenn es halbwegs geht, so mach es!

Wegen der Schreibmaschine bitte nichts zu veranlassen, da S 130.- wirklich zu viel ist. Vielleicht kann ich einmal von der Firma billig eine solche kaufen.

Der Zeitungsausschnitt über die Kreitnergasse ist recht interessant. Ich glaube, die Angelegenheit wird sich noch lange hinausziehen und bin froh, eine ordentliche Wohnung zu haben. Noch froher bin ich aber, daß Du nun gesund bist, und daß Du Dich in unserem neuen Heim kannibalisch wohl fühlst.

Bezüglich des Gehaltes werde ich Rommel bitten, denselben abzuheben. Du kannst dann selbst, oder auch die Buben, diesen von Fritz’s Wohnung abholen.

Nun hatte gestern oder heute Fredy die Aufnahmsprüfung. Ich bin schon sehr neugierig darauf.

Über das Radio werden wir wohl erst hier sprechen. Ich glaube, daß wir uns im Herbst einen großen Gleichstromapparat kaufen, mit dem alten Apparat läßt sich ja doch nichts mehr machen.

Um nochmals auf das Schiff zurückzukommen, glaube ich, daß es das beste ist, wenn Du die Kategorie B des Prospektes über die Pauschalreise nach Varna um S 200.- nimmst. Für Werner jedoch nur die Herfahrt, wenn nicht vielleicht sehr verbilligte Rückfahrkarten existieren.

Die Schiffe gehen, Gott sei Dank, bis Ende September oder Anfang Oktober, das ist fein! Die Straßenkarten und das Reißzeug sind im Büro. Werde Rommel bitten, beides zu sich nach Hause zu nehmen. Über Robert schreibst Du gar nichts. Wie ich ihm ja selbst schrieb, und auch Dir, hätte ich gerne, wenn auch er fortfahren würde. Bitte also um Antwort.

Haifische gibt es wohl hier nicht, doch kann Werner hier am Fischmarkt auch andere Fische sehen, die beinahe so groß sind wie Haifische.

Die bulgarischen Pfingsten sind nun auch vorbei. Sonntag war ich per Rad in Teke, ca. 13 km von Russe. Dort war die ganze deutsche Kolonie und es gab genug Unterhaltung. Beim Schießen hatte ich mir einen 2ten Preis errungen. Nachmittags kamen auch Störs, die vergebens auf den Herrn aus Bukarest warteten. Wir sind so herumgesprungen und gelaufen, daß wir ganz müde waren. Montag fuhren wir dann im Boot eineinhalb Stunden stromaufwärts auf eine Insel baden. Dort erwischte uns alle die Sonne so, daß wir heute noch so rot wie Krebse sind und uns am liebsten in Watte packen würden. Aber es war doch sehr fein und ich hätte Euch halt wieder schon hier haben wollen.

Nun, wir können’s ja nachholen, kommt nur bald!

Und jetzt, mein Schatz, schläfst Du wohl schon gut, denn es ist bei Euch schon fast 12 Uhr (bei uns fast 1 Uhr). Mittlerweile waren wir im Kino, hat aber nicht viel geheißen.

Also „Gute Nacht“ und viele, viele Busserln,

Vater

Nur noch 28 Tage oder, wenn Ihr früher fahrt, 24 Tage!

Wien, 23.6.1935

Mein Herzensschatz!

Sonderbarerweise hab ich in der vergang’nen Woche gar keine Post von Dir bekommen. Vielleicht, weil Du mir die Woche zuvor zuviel geschrieben hattest? Dabei schreibst Du in einem der letzten Briefe, Du weißt nicht, was anzufangen mir der freien Zeit. Na, hoffentlich kommt morgen etwas.

Also Fredy ist durch bei der Prüfung. Es war nicht allzu schwer. Der Herr Direktor hat vorher eine kleine Ansprache gehalten, über die so „schwere“ Prüfung, die ja in Wirklichkeit ganz „leicht“ ist. Er sowie die Herren Professoren sind nach Aussage Fredys sehr nett. Nun, Fredl meint, Du könntest ihm für die gut bestandene Prüfung ein Geschenk machen. Er wünscht sich einen Photoapparat oder eine Uhr. Was meinst Du dazu?

Die Bücher kosten neu ca 63 S ohne Religionsbücher und den großen „Duden“. Das teuerste Buch ist natürlich der Atlas, 22.57 S. Den werden wir auch kaum antiquarisch bekommen. Trotzdem finde ich es ganz gut, wenn einmal ein ordentlicher Atlas im Haus ist.

Fredy hat neulich ein Gedicht auf den Albertplatz gemacht. Es lautet:

Der Albertplatz ist ein kleiner Platz

Ãœber ihn macht die Katz nur einen Satz

In seinen Häuslein da wohnen Mäuslein

Dort tut man träumen von den Bäumen.

Dort fährt die Straßenbahn

Und dazu kräht der Hahn.

Die Tauben, die gurren,

Und die Hunde knurren,

Ich habe ja allerdings hier noch keinen Hahn krähen gehört, auch von Mäusen sah ich bisher nichts, doch im großen und ganzen kennzeichnen die paar Zeilen ganz gut das Alt-Wienerische des Plätzchens, inmitten der Großstadt.

Vorige Woche war Bernhard das erste Mal da. Er war (wie Olga sagte) von der Wohnung ganz begeistert. Ich kann mir zwar schwer vorstellen, daß Bernhard überhaupt begeistert sein kann, doch daß ihm die Wohnung sehr gut gefiel, merkte auch ich.

Dienstag waren Fritz und Hella da. Fritz brachte mir die Scheiben. Wie ich die nun zu Schäfers bringe, ist mir ja noch rätselhaft. Das Kegelspiel hat Fredy heute gerichtet, wir haben auch schon gespielt. Fritz hat gleich wieder Arbeit bei uns gehabt. Unsere el. Klingel hatte schon einige Tage versagt und ging auch trotz neugekaufter Batterie nicht. Fritz konstatierte nun, daß ein Schluß in der Leitung ist und wird mir bei Gelegenheit die ganze Sache neu montieren. Sehr nett von ihm, nicht? Hella hatte mir Nelken mitgebracht, was desgleichen sehr nett war.

Die Leute verwöhnen mich direkt, wenn Du nicht da bist. - Wegen der Geld = Lohn = Gehaltsübernahme habe ich auch mit Rommels gesprochen. Fritz ist natürlich bereit, für mich zu kassieren, wenn Du die Order an die Firma schickst. Es wäre dies vor allem für den Moment gut, weil ich doch dann nicht da bin, die Ausgaben aber weiterlaufen.

Sollten sich bei mir vor der Abreise noch Geldschwierigkeiten ergeben, sind Rommels gerne bereit, mir einen Betrag vorzustrecken. Sie haben mir das selbst angetragen und ich habe dankend, aber nur bedingt, angenommen. Ich habe eigentlich schon gedacht, ob’s nicht trotzdem klüger ist, für Werner auch die ganze Pauschalreise zu bezahlen. Ich hab ja zwar keine Ahnung, was die Bahnfahrt nach Varna kostet, doch schriebst Du von einem Schiffspreis von 170 S von Bratislava bis Russe. Für Werner wäre das 170 S tour-retour. Außerdem die Fahrt von Wien bis Bratislava ca 6 S gewöhnliche Schiffspassage 2 Klasse und die Fahrt Russe Varna und zurück. Und noch die Verpflegung. Da könnte ja sein, daß wir beide zusammen auskommen oder doch nur eine Kleinigkeit dazubrauchen. Wenn ich die Karten besorgen muß, werde ich mich jedenfalls noch einmal ganz genau erkundigen, was mir billiger kommt.

Nun küßt Dich heiß und innig

Dein Weib.

24.6.1935.

Liebstes!

Nun ist Dein so heiß ersehntes Schreiben da. Und hätte ich darauf gewartet und dann erst geschrieben, so wäre einiges ausgefallen. Wenn Du mir noch Geld schickst, brauche ich Rommels Anerbieten entschieden nicht annehmen. Wegen Werners Fahrt werde ich Deinem Wunsche gemäß handeln. Ob ich aber am 10.7. schon abkomme?! Die Buben zerreißen ja so viel und ich muß doch alles in Ordnung haben. Habe ich mehr Geld, so kann ich den Buben wenigstens Strümpfe kaufen und muß momentan weniger flicken.

Robert will nicht wegfahren. Er wollte schon nicht, als wir noch draußen waren und hier fühlt er sich …

Am 31.5.ist eine Karte von Leo gekommen. Er war eines Herzleidens wegen zur Kur in Flensburg.

Russe, den 25.6.35

Lieber Schatz!

Eben erfahre ich, daß Reisende nach Bulgarien, die sich mindestens 7 Tage in einem Kurort hier aufhalten, das Visum auf allen bulg. Konsulaten kostenlos ausgestellt erhalten. Da Du ja auch, oder besser wir, nach Warna fahren, so gilt dies auch für Dich. Dieser Ukas ist vom 16. Mai 1935 und hat die Nummer 140. Er ist in der Staatszeitung vom 22. Mai d. J. veröffentlicht; sage dies bei eventuellen Schwierigkeiten auf dem bulg. Konsulat.

Bin natürlich schon riesig gespannt, ob Du am 10.7. wegfährst, da möchtest Du morgen in 2 Wochen auf dem Schiff sein. Heute erwartete ich wieder einen Brief, leider vergebens, vielleicht bin ich aber schon zu ungeduldig. Je näher die Zeit Deines Kommens herbeirückt, desto unvernünftiger werde ich. Es ist wohl auch kein Wunder, wenn man sich auf etwas so freut. Auch waren wir, solange wir verheiratet sind, so lange noch nicht getrennt. Es wäre riesig schön, wenn Du schon am 13. Juli hier sein könntest, wir hätten dann zwei Tage Zeit, zum aneinander gewöhnen. Außerdem ist der Dreizehnte schon so ein Ankommtag. Ich kam am 13. März und Störs am 13. April hier an. Also schau, mein Liebes, daß es Dir möglich ist!

An Rommel habe ich wegen der Geldbehebung schon geschrieben. Er nimmt’s nach Hause, Du müßtest es von dort holen oder holen lassen. Wie machst Du es denn mit dem Augustzins?

Bei der Fahrtanmeldung wäre noch zu klären, ob Du, wenn Du die Karte bis Warna löst, in Russe unterbrechen, bzw. Dich auf der Rückfahrt in Russe längere Zeit aufhalten kannst. Ich bin der Meinung, daß dies keine Schwierigkeiten macht, frage aber zur Vorsicht noch nach.

Wir haben hier schon durch 3 Tage Regenwetter, das ist natürlich sehr angenehm, weil’s nicht so heiß ist.

Samstag waren Störs und einige von den Deutschen auf dem Expreßschiff. Störs sind ganz entzückt von den schönen Räumlichkeiten und bedauern nur, daß sie nicht Gelegenheit haben, per Schiff nach Hause zu fahren. Ich glaube, es wird Dir sicher auch sehr gefallen und auch für Werner ist es ja bestimmt schöner als eine Bahnfahrt. Auch werdet Ihr ja Gesellschaft finden, vielleicht auch Kinder an Bord haben, so daß Ihr Abwechslung habt.

Und eine Überraschung habe ich auch schon vorbereitet, worüber Du Dich, wenn es mir so ausgeht, bestimmt freuen wirst. Aber jetzt sage ich noch nicht Weiteres, diesmal werde ich es bestimmt aushalten.

Störs wollen nächste Woche nach Warna fahren und dort 8 Tage Urlaub machen.. Da es aber regnet und man im allgemeinen die Zeit für noch zu früh hält, ist es noch nicht ganz bestimmt. Warna selbst soll, wie wir brieflich von dort erfahren, jetzt sehr teuer sein. Wir wollen ja nach Sv. Konstantin, dort werden wir schon auskommen. Ich weiß nicht, ob ich Dir schon geschrieben habe, daß Herr Nikoloff von der hiesigen Post versprach, daß er uns auf einige Tage ein Zimmer in dem Erholungsheim der Postverwaltung verschaffen wird. Inwieweit dies möglich ist, wird man ja sehen. Das wäre dann sehr billig, ich glaube 60 oder 70 Lewa pro Person. Ich glaube, ich bin in dieser Zeit ein wenig dumm. Auch das weiß ich nicht, ob ich Dir schon schrieb, daß ich am bulg. Pfingstsonntag per Rad einen Ausflug nach Teke, wo die deutsche Kolonie war, machte. Montag waren wir auf einer Insel baden und haben uns von der Sonne braten lassen. Das spüren wir heute noch. Ich denke, ich bin schon um etliche Millimeter dünner geworden, weil ich schon so viel gehäutet habe. Aber das Wasser war da draußen wirklich fein, ganz nach meinem Geschmack 22 Grad warm. Am darauffolgenden Tag jedoch waren wir alle wie zerschlagen, von dem Spielen, Schwimmen und von der Sonne.

Wie geht es denn den Buben in der Wiener Schule? Die beiden könnten wohl auch wieder einmal schreiben! Trudel wünsche ich recht viel Glück zu ihrer Staatsprüfung. Den Brief von ihr werde ich wohl mündlich beantworten.

Ich lege Dir etwas von den Mädels bei (eine Zeichnung), schreib ihnen auch ein wenig. Sie sind natürlich riesig neugierig, besonders auf Werner. Es ist nur schade, daß sich die Kinder nicht verstehen können oder aber wird Werner einiges lernen.

Nun, mein Lieb, heißt es wieder arbeiten, ich möchte aber doch, daß der Brief noch heute weggeht, darum Schluß mit vielen Küssen. Komm bald, komm bald und nochmals komm bald, mein liebes Weib!

Robert

Russe, den 27.6.35

Mein lieber Schatz!

Nun ist doch heute der heißerwartete Brief gekommen. Wieso Du eine ganze Woche keine Post bekommen hast, ist mir eigentlich nicht recht verständlich. Ich glaube nicht, daß ich so lange nicht geschrieben habe.

Fredy gratuliere ich zu der bestandenen Prüfung. Als Geschenk wäre mir eine Uhr sympathischer. Ob Du diese aber schon jetzt kaufen kannst, hängt von unserem Geldbestand ab. Es ist vielleicht am besten, Du bringst sie von Russe mit. Ich werde mich hier wegen der Preise erkundigen.

Das Gedicht ist ja ganz nett. Fredy soll nur weiter dichten, vielleicht erfreut er uns von seinem Ferienaufenthalt mit etwas.

Mit dem Atlas hast Du recht, Fritz und ich werden uns besonders freuen, wenn ordentliche Landkarten zu Hause sind. Du kennst ja unsere Schwäche!

Nun, ich bin ja schon so neugierig auf unsere Wohnung. Wenn sie allen gefällt, so muß schon was dran sein.

Von Fritz ist es wirklich sehr lieb, daß er so hilfsbereit ist, ich habe ihm ja schon selbst diesbezüglich gedankt, sage ihm jedoch nochmals Dank.

Wegen Werners Fahrtgeld habe ich schon geschrieben, wiederhole aber zur Sicherheit nochmals, daß Du für Werner, falls es nicht ermäßigte Rückfahrkarten gibt, nur die einfache Fahrt nach Russe lösen sollst. Ich habe aber inzwischen einen Prospekt der D. D. S. G., in welchem für den Expreßverkehr Wien-Russe Rückfahrkarten zum Preise von S 80.- angegeben sind. Ob auch diese Karten für Kinder die Hälfte kosten, weiß ich nicht. Darüber müßtest Du Dich erkundigen. Diese Karten haben eine Geltungsdauer von 60 Tagen. Betreffs des kostenlosen Visums habe ich noch erfahren, daß Du mit solchem Visum, hier Bädervisum genannt, auf allen bulg. Bahnen 50 % Ermäßigung hast. Da nun Werner auch auf Deinem Paß ist, wäre dies auch für ihn gültig. Auf dem Konsulat sage, daß Du nach Warna fährst. Wegen des Geldes, das ich Dir schicken will, hat sich noch nichts gerührt. Diese Gelegenheit ist hier nicht immer, so weiß ich eigentlich nicht, ob was draus wird. Da Rommels so gut sind, und Dir ev. Geld geben, so wird es ja nichts machen. Kaufe darum den Kindern neue Strümpfe und komme schon am 10.7., die alten Strümpfe kannst Du immer noch stoppen, wenn Du wieder zurückkommst. Gelt, Butzerl, Du kommst? In 2 Wochen bist Du dann schon vor Belgrad und ich werde bestimmt schon Erwartungsfieber haben.

Daß Robert nicht wegfährt, freut mich gar nicht. Was macht denn der Bub so allein, ohne Aufsicht. Das, glaube ich, hast Du nicht gut gemacht. Außerdem möchte ich nicht, daß er allein in der Wohnung bleibt, da soll er nur ganz zu Großmama übersiedeln. Das ist eigentlich eine Sache, über die ich mich ärgere, obwohl ich mir Mühe gebe, dies nicht zu tun, weil Du mir ja schon mit Deinem Handeln so viel Freude gemacht hast. Schwamm drüber!

Mizzi, Finnys Schwester, wird Dir noch ein Kleid für Finny und eine Guitarreschule für Fritz mitgeben. Du kannst den letzten Tag am Schiff ruhig eine der neuen Kombines anziehen, damit alles glatt geht. Auch die Puderdose sollst Du mit besserem Puder füllen, ich weiß nicht, ob Finny dies geschrieben. Vergiß nicht Dein und Werners Badekostüm. Könntest Du Sonntag, den 14.7.baden? Du kannst Dich dabei natürlich in den Schatten legen, doch nur am Vormittag, da sonst die Gelsen kommen.

Heute haben wir zur Überraschung, für mich eine angenehme, für Fritz kann man das nicht sagen, den ersten Grießsterz bekommen. Er war fein mit Marillenkompott, das jetzt an der Tagesordnung ist. Bis Ihr kommt, gibt es wahrscheinlich schon Melonen, das Kilo ½ Lewa. Kommenden Sonntag fahren wir wieder ins Bad, nachdem es jetzt schon wieder gemein heiß ist.

Wenn Du den Kindern meiner Hausfrau eine kleine Freude machen willst, so kauf irgendwelche Broschen oder so etwas ähnliches um 2 oder 3 Schilling. Oder was anderes, Du weißt so etwas ja besser.

Es ist schon 8 Uhr vorbei und ich sehe ohne Licht beinahe nicht mehr. Finny ist heute turnen, Abschiedsturnen; weil die Lehrer und Frauen alle wegfahren. Darum gehe ich heute ins Gasthaus essen. Ich hab so schon einen großen Hunger. Ich esse eigentlich viel, trotzdem kann ich nicht dicker werden, das macht wahrscheinlich die Hitze, vielleicht auch das Klima.

Für heute gute Nacht, mein Schatz, bald kann ich Dir ein wirkliches Gutenachtbusserl geben.

Robert

Wien, 27.6.1935

Mein lieber armer Schatz!

Nun muß ich Dir nochmals Geduld predigen, was mir doch so schwer fällt. Besonders jetzt, wo ich Dein so liebes und sooo ungeduldiges Schreiben vom 25. im Briefkasten fand. Kindel, Du liebes, nun bin ich erst doppelt froh, daß ich Dir in dem letzten Brief nicht gleich schrieb, ja, ich komme am 10.7., denn als ich heute zur Donaudampfschiffahrtsgesellschaft kam, um mich für die Fahrt anzumelden, hieß es, bis zum 19.7. ist schon alles besetzt. „Melden Sie sich nur ja schnell an, sonst geht’s auch dann nicht mehr.“ Nun komme ich also statt um 5 Tage früher um 5 Tage später als vereinbart. Und Du Armes, Liebes, mußt so lange warten.

Ich hab momentan nicht gewußt, soll ich mich ärgern oder kränken. Nun tue ich beides, abwechselnd. Wenn ich Deinen Brief lese, kommen mir die Tränen, und wenn ich an all das dumme Gerenne und Getue denke, ärgere ich mich zum Zerspringen.

Gestern war ich die Bilder vom Fotographen holen und bin dann gleich zur Paßstelle aufs Kommissariat. Dort mußten wir (Werner war mit) eineinviertel Stunden warten. Scheinbar fährt der ganze 8. Bezirk ins Ausland. Als wir endlich bis zum Herrn Paßreferenten vorgedrungen waren, hieß es, ich brauche einen neuen Paß. Nun, darauf war ich ja gefaßt,aber daß ich dazu nicht nur den Eheschein und den Meldezettel, die ich mithatte, sondern auch meinen Taufschein und Deinen Heimatschein brauche, war mir rätselhaft. Also mußte ich heute wieder gehen. Nun kam die zweite Sache. Ich ersuchte den Beamten, mir Werner in den Paß zu schreiben. „Da muß der Vater herkommen.“ - „Das geht nicht, der ist in Bulgarien.“ - „Dann müssen Sie auf’s Vormundschaftsgericht und sich dort eine Vollmacht holen, sonst kann ich das Kind nicht eintragen.“

Also so etwas! Wenn man sein eigenes Kind nicht auf eine Reise mitnehmen darf ohne Einwilligung der hohen Behörden, gehört schon etwas dazu!

Vom Kommissariat weg führte ich dann Werner zu Großmama, borgte mir noch auf ein zwei Tage 100 S um bei der Schiffahrtsgesellschaft Angabe zahlen zu können und erfuhr nun, daß man sich jetzt wenigstens 3 Wochen früher anmelden muß. Momentan war ich wie vor den Kopf geschlagen. Auch den Tag der Abreise aus Warna bzw. Russe hätte ich angeben sollen. Doch ging’s dann doch, daß ich hinschrieb: Unbestimmt. Der Paß ist zur Schiffahrtsgesellschaft zu bringen, die Einreise- und Durchreisevisum besorgt.

Nach den heutigen Angaben der Schiffsges. kann ich in Russe so lange unterbrechen, als ich will. Hoffentlich ist da nicht auch wieder etwas nicht richtig. Jetzt glaube ich ja schon bald, es geht überhaupt alles schief. Oder wird doch endlich gut, was lange währt?

Sag, wieviel Grad habt Ihr jetzt? Wir haben hier ca. 36 Grad im Schatten, 48 in der Sonne. Heute nachmittag gab’s ein tüchtiges Gewitter. Das hat etwas, aber keine beträchtliche Abkühlung gebracht.

Die Buben waren heute beide weg. Robert hat einen Schulausflug auf die Hohe Wand gemacht und ist eben (halb 11 Uhr) ganz schachmatt heimgekommen. Seine Juchtenschuhe sind ihm schon wieder zu klein.

Fredy war, da er Kommunion hatte, in Weidlingau in der Schule.

Auf Deine Überraschung freue ich mich jetzt schon, denn daß Du nur Liebes und Schönes für mich ersinnst, weiß ich doch. Du! Mein Lieb !! Aber sag, glaubst Du, daß wir uns erst aneinander gewöhnen müssen? Ich denke, das hätten wir doch wohl im Lauf der letzten 15 Jahre zur Genüge tun können? Mir bangt eher davor, daß ich im Herbst, nach meiner Heimkunft, mich nachmals daran gewöhnen muß, Dich nicht zu haben! Aber ich will lieber davon aufhören, denn scheinbar muß diesmal ich der vernünftigere Teil sein von uns beiden.

Trude macht die Prüfung erst im Herbst. Näheres dann mündlich.

Hansl habe ich heute zum ersten Mal richtig gesprochen, seit er in Wien ist. Er ist ganz verzweifelt, weil gar nichts zu finden ist. Es ist ja auch zum Verzweifeln.

Mittags war ich bei Rommels. Sie fahren Samstag nach Kritzendorf. Ich habe jetzt erst erfahren, daß Frl. Mizzi so krank war. Tut mir leid, daß ich so gar keine Zeit habe. Vielleicht läßt sich jetzt doch noch etwas machen, wenn ich noch drei Sonntage da bin.

Nun Schluß für heute. Ich bin seit 4 Uhr früh auf und sehr müde.

Ja, als Fritz heute das Gehalt für mich beheben wollte, war es schon abgeschickt. So werde ich es diesmal doch bis zum 1.7. bekommen.

Schlaf wohl, mein Liebstes! Den Kindern schreibe ich morgen früh ein paar Zeilen. Heute fallen mir schon die Augen zu.

In Sehnsucht umarmt und küßt Dich heiß

Dein Weib

28.6. morgens

Guten Morgen, mein Lieb!

Muß Dir noch ein paar Zeilen schreiben. Herr Prankl wollte auch nach Warna fahren, aber schon am 3. wegfahren. Nun weiß ich nicht, ob er fährt, denn er ist bloß 2 Tage vor mir beim Anmelden gewesen. Für uns wäre das eine günstige Gelegenheit gewesen, Lewa in Schillinge umzutauschen. Nun wenn er trotzdem fährt, wirst Du ja durch ihn selbst benachrichtigt.

Robert hat eine ca 3 cm2 große Blase auf der Ferse, trotzdem er keine gestoppten Strümpfe anhatte.

Viele tausend Busserl, Gretel

Grüße an Fritz und Fini!

Den Brief schicke ich heute sehr schweren Herzens fort. Den Augustzins soll Hansi dann erlegen.

Russe, den 29.6.35

Mein Liebes!

Störs sind heute bei der Sonnenwendfeier in der deutschen Schule, ich aber bin lieber ein wenig am Korso gegangen und habe mir ein Papier von Fritz mitgenommen, damit ich Dir schreiben kann. Und das ist gut so, denn während ich hier in der Schwimmhose sitze und schreibe, spielt, heute zum ersten Mal, die Militärmusik im Kasino. Wir haben hier in Russe nächste Woche ein Jägertreffen von ganz Bulgarien, und da die Bahn für die Fahrt nach Russe 70 % Ermäßigung gibt, so gibt es hier viele Menschen. Es sollen 20.000 Leute kommen.

Heute habe ich Dir, auf dem bereits mitgeteilten Weg S 500.- angewiesen. Du bekommst das Geld per Post zugestellt. Bitte schreibe mir sofort nach Erhalt. Es dürfte Samstag oder Montag kommen, also noch rechtzeitig vor Deiner Abfahrt. Ich rechne natürlich schon bestimmt damit, daß Du Mittwoch d.10.7. abdampfst und hoffe nur, daß ich wirklich recht habe. Auf jeden Fall ist das Zimmer bis 13.7. hergerichtet.

Schade, daß das Schiff nicht schon nur einen Tag früher geht, denn wir haben hier vom 12. bis 14. frei, da Freitag ein Feiertag (Peter und Paul) ist und wir den Samstag Vormittag eingearbeitet haben. Ich werde immer unzufriedener, wie Du siehst.

Heute war wieder Badenachmittag. Wir waren auf der ersten Insel. Das Wasser ist ideal, ca. 22 Grad. Die Rückfahrt mit dem Boot war recht romantisch, da wir auf dem Wasser vom Sturm überrascht wurden. Da wir 8 Personen im Boot waren, hatten wir starken Tiefgang, so daß die Wellen manchmal ganz tüchtig ins Boot kamen. Wie mußten, da die Sache schon nicht recht geheuer war, schon vorher ans Ufer und kaum waren wir heraußen, als auch schon ein wolkenbruchartiger Regen niederging. Es war gut, daß wir schon an Land waren. Morgen geht es wieder hinaus. Schon um 9 Uhr. Finny hat schon heute eingekauft und vorbereitet. 13 Eier, Gurken, Marillen und einen Marillenkuchen. Und noch 3 l Tschei, damit wir nicht durstig werden. Man möchte ja jetzt den ganzen Tag im Wasser liegen. Heute, als ich vom Baden nach Hause kam, sagte mir meine Hausfrau, daß das Bad geheizt ist. Nun habe ich mich halt nochmals warm gebadet.

Zum Zudecken habe ich jetzt eine Flanelldecke, das ist besser als die Steppdecke, die ich die letzte Zeit überhaupt nicht verwendete, denn ich liege meist überhaupt ohne irgendwas an. Nun. ich freue mich nur, daß Dir die Wärme hier nichts macht, vielleicht im Gegenteil wird’s Dir sehr gut tun für Deine Füße.

Eben schießt man Raketen, zwar sehr spärlich und sehr einfach, aber es kracht und leuchtet ein wenig.

Morgen soll der Zar Boris kommen. Das kann uns aber vom Baden nicht abhalten. Wenn es schön ist, natürlich. Es hat durch den Regen abgekühlt und es wird sich daher fein schlafen.

Gute Nacht, ich wünschte, ich sähe Dich schon hier. In 2 Wochen! Lieb, schlaf gut!

Finny bittet Dich noch, eine große Tube Kalodont und eine große Schachtel Schmoll-Pasta, weiß, mitzubringen.

30.6.

Lieber Schatz!

Nun waren wir wohl auf dem Badeplatz, doch sind wir ohne zu baden gleich zurückgefahren, weil einige Männer nackt waren und natürlich Finny, von Fritz wegen, dort nicht baden konnte. Ich hatte eigentlich kein Wort darüber, aber man kann da nichts machen. Allein wollte ich auch nicht bleiben. Du weißt gar nicht, wie ich froh bin, daß dieser Sonntag schon der vorletzte ist, wo ich allein bin. In 14 Tagen, wenn’s schön ist und Du kannst, fahren wir baden, gelt?

Mein liebes Schatzerl, ich wünsche Dich viel Gutes und Schönes zu Deinem Geburtstag. Wir werden ihn halt da nachfeiern. Ich möchte eigentlich nicht mehr so lange von zu Hause weg, auch wenn dies sonst Vorteile bringt.

Heute habe ich erfahren, daß der „Jupiter“ am 10. von Wien wegfährt. Ich werde den Brief gleich morgen früh aufgeben und hoffe, daß Du ihn noch vor Deinem Geburtstag bekommst.

Ja, noch etwas: wenn Du mir hier auf meine Hemden neue Kragen machen könntest, wär’s ganz gut. Nur müßtest Du die div. Stoffe mitbringen.

Grüße die Kinder. Dich umarmt und küßt mit Sehnsucht Dein

Robert

Russe, den 2.7.35

Mein liebes Weib!

Heute früh habe ich Störs zur Bahn begleitet, vormittags kam dann von Dir die Nachricht, daß Du erst am 19.d. M. von Wien abfahren kannst, außerdem hatte ich geschäftliche Unannehmlichkeiten, mit einem Wort, ein Pechtag.

Du kannst Dir ja vorstellen, wie mich Deine Nachricht berührte. Wir wollen uns aber nicht gegenseitig diese Sache schwer machen, es nützt ja doch nichts und schließlich kannst Du dadurch wieder länger hierbleiben. Ich habe wohl zuerst daran gedacht, ob Ihr nicht per Bahn kommen könnt, aber erstens ist das bedeutend teurer und dann ist, besonders für Dich, diese Fahrt sehr unangenehm. Das Warten fällt mir diesmal wirklich schwer, es kommt mir das so vor, wie wenn ich beim Wettrennspielen wieder von vorne anfangen muß, aber die Tage werden auch vergehen und dann laß ich Dich so bald nicht mehr fort. Damit mußt Du rechnen!

Deinen Brief an die Kinder habe ich abgegeben. Ich ließ ihn selbstverständlich zuerst übersetzen und legte ihn auf ihren Tisch, sie werden sich bestimmt gefreut haben. Abends sehe ich sie wahrscheinlich.

Nun, Deine Laufereien wegen des Passes haben wohl genügt. Der österr. Amtsschimmel ist scheinbar noch am Leben.

Wegen Deines Aufenthaltes in Russe habe ich hier gleichfalls erfahren, daß Du beliebig lange unterbrechen kannst. Ich und Werner werden wahrscheinlich 50 % Ermäßigung auf der Bahn bekommen. Nun, wenn Prankl kommt, muß er sich selbst Geld mitnehmen.

Ich bin schon recht neugierig, wie es den Störs in Warna geht. Wie sie mir abgehen, habe ich schon heute mittag empfunden, als ich wieder ins Gasthaus essen gehen mußte. Nun freue ich mich halt einstweilen auf ihre Rückkunft. Sie werden wahrscheinlich zu derselben Zeit kommen, in der Du kommen solltest (11.od.12.).

Wenn man hier die Leute vom Schiff aussteigen sieht, glaubt man gar nicht, daß die Schiffe in Wien so besetzt sein können. Wahrscheinlich steigen die meisten Leute schon in Budapest aus. Nun, auch dies ist für Euch gut, da Ihr dann mehr Bewegungsfreiheit habt.

Die Hitze ist bei uns ziemlich gleich. Die letzten paar Tage war es ein wenig kühler, dafür kann sie’s heute wieder. Wenn es nicht so spät wäre, möchte ich noch baden gehen, aber es zahlt sich wirklich nicht aus. So werde ich mich halt zu Hause abtuschen. Leb wohl, mein Schatz!

Russe, am 5.7.35.

Mein Liebes!

Nun kann ich wieder einmal schreiben, in zwei Wochen fährst Du schon. Hoffentlich ist es diesmal wahr! Aber Du kannst jetzt wenigstens Fredy in Ruhe abfertigen. Wann fährt er denn? Du schriebst in einem der letzten Briefe, daß Fredys Fahrgeld ca. 10 S ausmacht. Das ist wohl nur die Hinfahrt?

Fritz hat nun auch schon geschrieben. Es geht ihnen natürlich sehr gut, sie sind zufrieden mit dem Quartier und bewundern das, wie Fritz schreibt, wundervolle Meer. Auch bedauern sie, daß wir nicht zusammen in Warna sein können.

Ich überlege mir noch, ob ich nicht zu den drei Feiertagen (12., 13. und 14.d. M.) nach Warna fahren soll, da Fritz bis dahin wahrscheinlich noch dort ist. Die Fahrt würde wohl, wenn wir 25 % Ermäßigung bekommen, ca. 300 Lewa kosten, aber umgekehrt, was mache ich denn die drei Tage in Russe. Wenn Du gekommen wärst, mein Lieb, wäre uns wohl die Zeit nicht lange geworden, gelt? Da wären wir ja zwei Feiertage zusammen gewesen. Da Du nach Deiner neueren Abfahrt an einem Montag ankommst, werde ich mir, wenn möglich, frei nehmen.

In anderer Weise ist Deine spätere Ankunft für unseren Urlaub günstiger. Ende des Monats werden wahrscheinlich Ritter und Nikoloff nach Russe kommen, da möchte ich selbstverständlich auch gerne hier sein. Da Du hier unbegrenzt unterbrechen kannst, so werden wir voraussichtlich erst am 4. oder 5. August nach Warna fahren. Vielleicht fahren wir aber auch mit dem Schiff weiter nach Messemvria, dort soll es sehr schön und nicht teuer sein, und auch sind dort nicht so viele Leute und daher mehr Ruhe. Ich werde heute an das Rathaus dorthin schreiben lassen, um wegen Quartier und Preis Auskunft zu erhalten. Zu dieser Zeit im August ist auch in Varna eine musikalische Woche, zu welcher die Fahrt dahin um 75 % ermäßigt ist. Das ist für Werner und mich ein Vorteil. Sollte es noch möglich sein, so nimm Dir doch die Karte um Sch 210.- mit II. Klasse Bahnfahrt. Es ist doch angenehmer. Wenn es jedoch Schwierigkeiten macht, laß es. Wir werden dann versuchen, für Dich eine Aufschlagkarte zu bekommen oder wir fahren III. Klasse.

Fredy soll draußen brav sein! Küsse an die Kinder!

Dich umarmt

Dein Robert

Wien, 2.7.1935

Liebstes!

Heute war ich auf dem Vormundschaftsgericht und habe, mit Rudolfs Hilfe, den gewünschten Schein bekommen. Hätte ich Rudolf nicht gehabt, hättest Du erst in Russe auf’s Konsulat gehen müssen und Dir beglaubigen lassen, daß Du Deinen Sohn zu sehen wünscht. Mit diesem beglaubigten Willen von Dir hätte ich erst nochmals zum Gericht müssen. Wann ich da unter Umständen meinen Paß bekommen hätte, weiß ich nicht. Wahrscheinlich erst nach dem 19. Manchmal ist’s doch gut, wenn man einen Schwager bei den hohen Behörden hat.

Übrigens waren Rudolf und Mitzi heute bei uns; zufällig auch Bernhard und Hansi. Jetzt abends kam Trude und nachträglich Schw. Körbler. Du siehst, man schaut sich fleißig um mich um.

Gestern wartete ich den ganzen Vormittag (Du siehst, das hätte ich jetzt fast nicht schreiben können) auf den Geldbriefträger. Wäre sonst gestern zu Gericht gegangen. Um halb zwei kam er; doch brachte er nur das Gehalt, die 5000 Lewa sind noch ausständig. Habe gleich an Rommel diesbezüglich geschrieben. Hoffentlich erreicht er’s noch.

Wegen des Bädervisums werde ich mich noch bei der Schiffsgesellschaft erkundigen und wenn nötig selbst zum Konsulat gehen. Für mich kommt ja die Ermäßigung nicht in Frage, weil bei dem Pauschalpreis eine 50 %ige Bahnpreisermäßigung ist, wie man mir mitteilte.

Also Schatzerl, ich glaube, es ist besser, Du ärgerst Dich nicht so viel wegen der Sache mit Robert. In Haag hätte ich den Buben selbst nicht haben wollen, weil Fredy und Robert dann wieder viel zu nahe beisammen wären und in Ternitz wüßte ich eigentlich nicht, wohin ihn geben. Richter-Onkel will keine Kinder mehr, die Mühlhofers sind in einer kleineren Wohnung und Juli hat ja auch nicht Platz. Letzteres tut mir am meisten leid.

Allein bleibt Robert nicht in der Wohnung, weil Trude mich schon lange gebeten hat, die Zeit, wo ich nicht da bin, hier wohnen zu dürfen. Sie meint, hier viel besser lernen zu können. Hoffentlich halten sie auch beide ihr Versprechen bezüglich der Stenographie. Robert kommt nämlich hier in Wien nicht mit, wenn er nicht während der Ferien fleißig lernt. Nun hat Trude mir versprochen, mit ihm zu üben. Auch in Englisch ist er gegen die Wiener weit zurück und werde ich versuchen müssen, ihn weiterzubringen. In allen anderen Gegenständen glaubt er voraus zu sein.

Fini gratuliere ich zu dem gut gelungenen Grießsterz. Eigentlich machst Du uns immer lange Zähne, wenn Du von so viel Obst schreibst. Wir haben bis jetzt im ganzen 1 kg Kirschen und 1 ½ kg Erdbeeren gehabt. Von letzteren habe ich die Hälfte zu Marmelade gekocht. Heute hatten wir Marillenknödel, da durfte auch jeder eine Marille essen.

Momentan geht wieder einer der heuer üblichen Stürme. Ob ein Wetter kommt? Freitag war der Hagel in Hütteldorf so stark, daß bei Rudolfs 4 Fensterscheiben hin sind.

Fast hätte ich die Hauptsache vergessen. Soll ich Robert mit den Wentys fahren lassen? Er hätte große Freude daran, doch ist mir eine so große nicht absolut notwendige Ausgabe ohne Deine Zustimmung nicht angenehm. Bitte schreibe aber gleich darüber, denn Wenty und Robert müßten am 17. oder 18. wegfahren, weil der Kurs am 20. beginnt.

Wegen der Kinder Deiner Hausfrau wollte ich Dich schon im letzten Brief fragen. Doch habe ich eher an Spielzeug gedacht. Sind denn die Mädels schon so groß, daß man an Putzsachen denken kann? Vielleicht schreibst Du mir noch darüber. Wenn Du diesen Brief bekommst, ist just mein Geburtstag und wir müssen nun schon die 5. Torte allein essen.

Viele Grüße an Störs! Und tausende Busserl Dir, mein Lieb!

Deine Gretel

3.7., 9 Uhr vormittag

Komme soeben vom Kommissariat. Den Paß bekomme ich erst Dienstag, den 9., abends. Außerdem muß ich auf’s Steueramt in die Seidengasse und wenn ich den Paß habe auf die Hauptpolizei um ein Ausreisevisum. Du siehst also, es wäre gar nicht möglich gewesen, am 10. abzufahren. Gut, daß ich keinen Platz bekommen habe.

Eine graue Kombination werde ich nicht bekommen. Ich war schon in einigen Geschäften.

Gretel

Wien, den 2. Juli 1935

Lieber Vater!

Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben Brief, welcher mich sehr erfreut hat. Besonders freut es mich zu hören, daß Ihr alle auf unsere neue Wohnung neugierig seid.

Hier in Wien ist es sehr schön in der Schule. Im 2. Stock ist unsere Klasse. In der beiliegenden Skizze ist der ganze 2. Stock gezeichnet. Als ich am ersten Montag in die Kanzlei der Albertschule kam, wurde ich wegen Platzmangels in die Zeltgasse gewiesen. Dort verlangte man als erstes mein Zeugnis, welches ich aber nicht hatte, da es hieß, es werde mit dem Übersiedlungsbogen hereingeschickt. Ich fuhr also nach Weidlingau und holte mir das Zeugnis, mit welchem ich auf’s Magistrat ging. Dort bekam ich eine Zuweisung in die Zeltgasse. Als ich am nächsten Tag um 8 Uhr dort erschien, bemerkte der dortige Direktor erst, daß ich Englisch besuche und schickte mich wieder in die Albertgasse, wo ich endlich aufgenommen wurde.

Sonntag waren Wentys bei uns. Herr Wenty machte Mutter den Vorschlag, daß ich mit ihnen auf 10 Tage auf den Zirbitzkogel fahren könnte. Die Kosten würden zirka S 50.- betragen. Bis hin würden wir mit dem Rad fahren. Was hältst Du von dieser Stein-, Pflanzen- und Tiersammelwanderung?

Vor einigen Tagen ließ ich den Film entwickeln. Einige der Aufnahmen sind wohl verpatzt, doch der Großteil ist gut. Wie gefallen Dir die Bildchen, die Mutter Dir schickte?

Der gewünschte Plan des Albertplatzes liegt bei.

Vorigen Freitag fuhren wir auf die Hohe Wand. Herr Fachlehrer Wittak und Herr Dr. Pechinie, unser Klassenvorstand, hatten die Leitung. Wir dampften von Wien bis Winzendorf mit der Aspangbahn, gingen von dort durch die Prossertschlucht an der Ruine Emmersberg (Eimerberg) vorbei in die Neue Welt. Es war sehr schwül und ich ahnte bereits, daß ein Gewitter im Anzug sei. Von dort ging es nach Stollhof und weiter über den Leitersteig hinauf. Dort erwischte uns das erste Gewitter und wir mußten in das nahegelegene Touristenheim flüchten. Dort sah ich das erste Mal, wie ein Blitz in einen Baum einschlug. Als sich das Wetter ausgetobt hatte, gingen wir zur „Kleinen Kanzel“, wo wir einen herrlichen Ausblick auf den Schneeberg hatten. Und nun ging es zur Eicherthütte, wo wir zwei Stunden Rast hielten. Beim Abstieg überraschte uns, eine Viertelstunde vor dem Ziel Grünberg, ein heftiges Gewitter. Wir wurden bis auf die Haut naß, denn es lohnte sich nicht, den Mantel anzuziehen. In der Bahn saßen wir in Turnhose und Mantel eingehüllt im Coupee. Um 10 Uhr 15 kam ich zu Hause an.

Nun muß ich aber schließen, denn es ist schon halb 9 Uhr und ich habe noch die Skizze zu machen.

Grüße an Frau und Herrn Stör!

Viele Busserln,

Dein Robert.


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