Grete Schröfl - Robert Schröfl: Korrespondenz


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Wien, 11.7.1942

Mein Liebes!

Erhielt Deinen lb. Brief gestern just als ich mit der Wäsche fertig war.

Schicke Dir nun noch die Brot- und die Buttermarken für die IV. Woche. Wenn Du ein paar Tage länger draußen bleibst, wirst Du ja noch etwas brauchen. Bis zur IV. Woche hast Du ja alles mit. Eine Nährmittelkarte werde ich Heidchen von der nächsten Woche schicken, weil ich diesmal schon alles eingekauft habe wegen Fredy.

An Frieda und Heidi richte bitte schönen Dank für die Geburtstagswünsche aus. Auch von Robert und Katja erhielt ich gerade am 6. Briefe.

Robert bleibt bis zum 13. oder 16. am Venediger. Dann hofft er auf Urlaub. Bin neugierig, ob’s auch wird. Katjas Brief enthielt nur Geburtstagswünsche.

Werners Zeugnis ist fast gleich. Vier sehr gut, zwei befriedigend, das andere gut. „Sehr eifriger, strebsamer Junge, der seinen Pflichten jederzeit voll nachkommt. Sehr verläßlich, gewissenhaft, einsatzbereit und diszipliniert.“ Er war wieder Klassenerster.

Sein Direktor sagte ihm, wenn er einmal ein großer Führer wird, soll er nicht vergessen, daß er auch einmal 2 Jahre an der Schule in der Albertgasse war.

Frl. Täubl war einmal da, da hab’ ich Dich gleich abgemeldet.

Diese Woche war ich mit Fredy bei „Schloß Hubertus“. Mehr der Wochenschau wegen, doch war’s ganz nett. Nur kann einem der Film natürlich nie das geben, was einem der Roman gibt. Ein sehr hübscher Beifilm über Kosakentänze war.

Herr Schulze schrieb Dir einen Brief mit 5 Mark Inhalt. Ich hab’ ihn zwar aufgemacht, aber dann doch nicht gelesen. Er wird Dir ja sagen, was d’rin steht.

Herr Waller hat im Sanatorium 2 Kilo abgenommen. Hr. Dr. ist auf Urlaub da und Hr. Krös erwartet ihn Ende Juli.

Fredys Urlaub ist gestrichen à conto der 3 Wochen SS-Ausbildung. Die Jungs sind natürlich wütend.

Nun weiter alles Gute in Berlin. Iß nur die beiden nicht arm. Hab Dir wieder noch eine Brotmarke mehr dazugelegt, doch solltest Du nun bis zum 26. Juli auskommen.

Recht herzliche Grüße und Küsse Euch Dreien!

Gretel

Stang, 16.7.1942

Mein Liebes!

Sind vorgestern mit dem 7 Uhr Frühzug von Wien weggefahren und abends am 18.30 in Stang angekommen. Waren wohl um 10 in Edlitz, doch war der Autobus so überfüllt, daß viele Leute, darunter auch wir, zurückbleiben mußten. Der nächste ging um 16.30 Uhr ab. Da dachten wir „Wozu ist die Straße da? Zum marschieren!“ und machten uns auf den Weg. Ohne Gepäck wär’s ja auch ganz schön gewesen, wir hatten aber jedes einen Rucksack und miteinander einen Koffer.

Halb ärgerlich, halb lachend kamen wir um 13.15 beim „Weißen Kreuz“ an. Dort gab’s wider Erwarten ein Mittagessen, was unsere Stimmung erheblich in die Höhe schnellen ließ. Während wir aßen (wir hatten mit dem Wirt schon ausgemacht, daß ich den Koffer dort lasse und am nächsten Tag mit dem Rad hole), kam ein Lastauto mit Ziegeln. Ich fragte den Fahrer, ob er uns nicht mitnehmen könnte, worauf er bejahte mit der Nebenbemerkung, daß er aber erst abladen muß (ca 1 Stunde) und nur bis Krumbach fährt. Machte uns natürlich nichts aus. Von Krumbach gingen wir bis fast nach Schönau und besprachen eben, daß wir dort doch auf den nächsten Autobus warten würden.

Da fuhr ein Privatauto vorbei und Werner sagte eben: „Der könnte uns leicht mitnehmen“, als der Wagen auch schon bremst und Dr. Rössler in liebenswürdigstem Ton fragt: „Wollen Sie nicht mitfahren?“ Wir waren natürlich hocherfreut und machten nun die letzten 8 km in ca. 5 Minuten, denn der Doktor fährt wie der Teufel.

Nun waren wir schon froh, daß wir nur mehr den Berg haben, da begegnete uns gleich am Fuß des Berges Herr Beisteiner mit dem Steirerwagerl. Da luden wir den großen Rucksack und den Koffer auf. Gewartet haben wir nicht auf ihn, weil er ca. zwei Stunden in Kirchschlag zu tun hatte.

Wir aber gingen „sehr erleichtert“ und frohgemut den Berg hinan, aßen Erdbeeren unterwegs, so daß wir eineinhalb Stunden für den Weg bis Stang brauchten. Und wer begegnete uns zuerst? Herr Hofleitner und der Rauchfangkehrer. Da sollen wir kein Glück haben!?

Auf dem Tisch zu Hause stand eine Torte „mit verspäteten Geburtstagswünschen für Werner“ von Ella.

Werner ist übrigens ganz gesund, sonst hätte ihm die Torte bestimmt geschadet. Werner hat von Frau Rasner ein Häferl (¼ l) Schmalz bekommen und ein großes Stück Brot, von Senft ½ l Milch, weil er gestern mit der Ella und teilweise auch allein die Kühe hütete. Eben ist er wieder draußen.

Das Wetter ist halbwegs schön, nur kalt und sehr windig.

Mit Frau Vollnhofer hab’ ich gestern auch gesprochen wegen Peperl, doch ist nichts zu machen.

Das wäre alles Neue von hier.

Fredy muß sich bis zum 31.7. in der Handelskammer melden, wegen Abschlußprüfung. Ich glaube immer, es wird doch Ernst mit dem Einrücken bis zum Herbst.

An Heidchen hab’ ich Montag ein Päckchen geschickt mit unseren zuletzt erhaltenen Frühkartoffeln, etwas Mehl, Deinem Zucker für die IV. Woche und den drei Eiern dieser Periode. Letztere allerdings gekocht.

Fredy meinte zwar, Ihr werdet alle drei sooo einen Bart schleifen. Ich denke aber, Ihr seid alle drei vernünftig genug, das nicht als Beleidigung aufzufassen. Schicke Dir nun noch einige Marken mit. Ich hoffe, es kommt noch rechtzeitig vor dem Verfallen.

In Liebe küßt Dich

Deine Gretel

Rangsdorf, am 19.7.42

Mein liebes Schatzerl!

Heute sind wir in Rangsdorf. Ich sitze auf der Veranda dieses netten Sommerhäuschens, mitten in einem Föhrenwald. Es ist wirklich „niedlich“, wie man hier sagt, schade, daß nicht Leo noch dabei sein kann. Wir fuhren vormittags heraus, wärmten uns das Essen hier. Auch eine Cousine von Heidchen und Frieda ist hier, die die nächsten 8 Tage hier hausen wird.

Morgens kam Dein lieber Brief, Heidchen brachte mir ihn ins Bett. Friedas erster Weg war zum Bäcker um zu fragen, ob die Brotmarke, die ja für die III. Woche gilt, noch angenommen wird. Für die Marken danke ich und auch Heidchen Dir sehr. Heidchen wirtschaftete doch sehr gut, doch weißt Du ja, wie es knapp ist. Heidchen und Frieda bedrängen mich immer, daß ich mehr essen soll, trotzdem ich weiß, daß ich ja bestimmt mehr brauche, als ich ihr an Marken beitragen kann. Darum ist es mir sehr lieb wegen der Marken.

Frl. D.fährt alle Sonntage zu ihren Eltern heim, so auch heute.

Eure Fahrt nach Stang war ja recht abenteuerlich, man sieht, es ist das Rad unbedingt notwendig. Ich komme wahrscheinlich am Freitag nach Wien und hoffe Werner noch zu sehen. Ihm wird es in Stang ganz gut gefallen. Ich werde versuchen, doch zwei Wochen draußen zu bleiben, denn ich würde das Ausspannen schon notwendig brauchen. Der Kurs ist sehr interessant, doch auch anstrengend.

Robert schrieb mir aus Wörgl, vorgestern kam sein Brief an. Er beschrieb seine Venedigerfahrt. Gestern sandte ich ihm Zeitungen. Ob er wohl Urlaub bekommt? Es wäre fein, wenn wir in Stang beisammen sein könnten. Wie geht’s denn mit den Heidelbeeren? Heidchen bekam vor einigen Tagen etwa 5 kg Ribisel, doch hat sie keinen Zucker zum Einkochen. Sie tat’s einstweilen ohne diesen, mit Opekta. Ob sich’s auch hält?

Heute vormittags und auch Mittag war es recht sonnig, jetzt geht die Sonne wieder fort - und gleich ist’s kühl. Hoffentlich hattet Ihr schönes Wetter, denn hier regnete es bis gestern jeden Tag.

So - nach einer kleinen Jause - Heidchen backte einen ganz guten Kuchen mit Ribisel gefüllt, plauderten wir, die drei Frauen und ich, von Vergangenem. Fortsetzung folgt, damit der Brief noch heute weggeht, denn nach Stang dauert es hübsch lang.

An Fredy schrieb ich, daß er die Lebensmittelmarken für die Werksküche nicht abgeben soll, weil ich ja doch in Urlaub fahre. Schade, daß Fredy um seinen Urlaub kommt, ich finde es auch reichlich sonderbar von der Firma.

Nun Liebes, ich komme vielleicht Samstag oder Sonntag nach Stang, wenn nichts dazwischen kommt. Von hier die herzlichsten Grüße und Küsse. Auf Wiedersehen! Viele innige Busserl

Dein Robert

Wien, den 19.8.42

Mein Liebes!

Nun ist doch schon beinahe eine Woche vergangen, seit Du fort bist und ich glaube, in einer Woche werdet Ihr bald kommen. Es geht mir ja sonst ganz gut hier. Die Lebenmittelkarten sind erledigt, die Kinder bekommen jeder 200 g Schokolade und Zuckerwaren (insges.pro Kopf 200 g). Mit den Karten geht es mir natürlich gut aus. Abends koche ich mir, meist für 2 Tage, wasche immer gleich ab, so daß es bei mir immer in Ordnung ist. Auch in den Zimmern ist aufgeräumt, wenn auch nicht alle Tage Staub abgewischt.

Sonntag war ich bei Störs. Auch Hella war dort, sie war in der Vorwoche krank und sieht schlecht aus. Sie hatte auch Durchfall, ich erinnerte mich an Dein Mies-Sein. Bei Störs ist schon wieder alles in Ordnung, sie haben es jetzt sehr schön, ich habe mir das gar nicht so fein vorgestellt. Finny ist zwar hin vor Arbeit, weil alles in der Urlaubszeit von Fritz sich abspielte. Die Kinder sind lieb und auch braver.

Für Dich sind RM 30.- angekommen, für Werner RM 5.- von Ulli mit beiliegendem Brief.

Von NSV bekamen wir wieder 2 kg Brot, ca. 4 kg bleiben insgesamt von der Vorperiode, also ist schon ein wenig gesorgt.

Robert schrieb aus Radom (da hätte er gleich Fr. Dr. Schmid besuchen können, wenn er gedacht oder es gewußt hätte) und bat um ein Durchschreibheft. Habe es gleich gesendet.

Peperl mußte ich für Sonntag absagen, da ich in Kritzendorf sein werde und die Leitungen mit Fritz mache. Werde dann gleich Fisolen mitbringen. Die Raucherkarte lege ich Dir bei, löse die fälligen Abschnitte aber ein. H. Dohnal wird sich freuen, wenn Du ihm auch was abgibst. H. Dohnal schrieb mir heute eine recht hübsche Karte aus Kirchschlag, auf der die Straße nach Stang fast durchwegs zu sehen ist, mit allen bekannten Einzelheiten. Er wird Dich besuchen. Na, das wird wohl schon geschehen sein. Grüße ihn und seine Frau bitte und sage ihm, daß es mir in der Zeit seines Urlaubs nicht mehr möglich sein wird zu kommen, da Herr Egner (Cal-Abteilung) auf Urlaub ist und ich ihn vertreten muß.

Wie bist Du nach Stang gekommen, hat alles geklappt? Hast Du Beeren gefunden? Fr. Dr. hat an Frau Waller 2 Körbchen mit Heidelbeeren gesendet, die recht gut angekommen sind. Da machte sie Heidelbeerkuchen, von dem ich auch zwei Stück bekam. H. Waller fuhr Sonntag abends nach Berlin und von dort in das besetzte Rußland in seine neue Tätigkeit.

Sonst gibt es hier wohl nichts Neues. Montag war ich bei Rudolf, aber auch dort alles beim Alten.

Was macht Werner? Ist er noch immer bei seinen Kühen? Fredy ist seit Samstag im Lager (bei Vorau, also gar nicht weit von Euch) und wird Euch vielleicht besuchen. Er hat danach bis 5.9. Urlaub.

Grüße an alle. Viele Busserln auch an Werner.

Geschäftlich geht es gut.

Dein Robert

6. Juli 1981

Nun ist das 86. Jahr meines Lebens abgeschlossen, und auch das Abschreiben unserer ca 20 Jahre umfassenden Korrespondenz ist beendet. Es war eine langwierige Arbeit, doch hat mir das Zurückrufen vergangener Zeit Freude gemacht. Es war manche weniger schöne, aber viele schöne Erinnerung dabei.

Vielleicht wird der oder die Eine oder Andere es lesen und etwas von unserem Charakter auch in sich spüren. Außerdem ist es ein kleines Zeitdokument. Es kann Euch die Verhältnisse unserer Zeit näher bringen und vielleicht manches in unserem Verhalten unseren Kindern gegenüber erklären. Besonders Vater hatte oft Sorgen um ihre Zukunft. Gott sei Dank grundlos!

Mutter


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