Grete Schröfl - Robert Schröfl: Korrespondenz


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Prag, am 31. Okt.1925

Mein liebes Weib!

Nun wirst Du den Brief und damit die Freude schon haben. Es wird Wahrheit, daß wir hier alle zusammen sein können. Beinahe habe ich schon gezweifelt und gedacht, daß es doch nur zur leichteren Überwindung Deiner Abfahrt war. Wie freue ich mich Euch hier zu haben und hoffentlich schreibst Du jetzt gerade, ob Du mit dem Samstag (7.11.) einverstanden bist. Ich glaube, daß Du in einer Woche fertig bist, so daß ich Euch morgen in 8 Tagen vom Bahnhof abholen kann. Bei der Gelegenheit muß ich Dir gleich mitteilen, daß der Zug jetzt nicht mehr um 7 Uhr sondern erst ca. um ¾ 8 Uhr abfährt, es ist dies ja sehr günstig für Euch. Hier kommt er ebenso wie früher an. Bitte erkundige Dich jedoch genau, da ich nicht bestimmt die Zeit der Anfahrt weiß.

Des weiteren, glaubst Du nicht, daß 2 kleine Koffer besser wären als der Reisekorb? Obwohl wieder letzterer hier zur Aufbewahrung von Wäsche u.dergl. vorteilhafter ist. Mache das wie Du denkst. Bitte vergiß nicht einen Spirituskocher für Frl. Ruschenka und auch für Dich einen. Das läßt Dir Mutter Brodil ganz besonders sagen. Auch meine Radiolampe möchte ich gerne hier haben. Sie ist, glaube ich, im Apparat. Nimm sonst bitte nur wirklich notwendige Sachen mit, bitte auch meinen Rucksack.

Über Bettsachen werde ich Dir gleich Sonntag abends schreiben, da ich mich draußen erst informieren muß. Den Kinderwagen wirst Du leider hier brauchen, da kann man halt nichts machen. Da wir den 28. nicht verrechnen, so wirst Du diese Woche weniger Geld bekommen. Wie denkst Du’s denn, daß wir’s mit dem Gelde machen? Ich denke, wir nehmen hier 600 Kc und lassen uns das andere zu Mutter senden. Werden dann ca. 150.000 K überbleiben. Solltest Du das Geld selbst unterschreiben müssen, so laß es halt auf Mutters Namen senden.

Wenn Du auch die zweiten Paar Bergschuhe mitnimmst, so wird’s, glaub ich, für den Winter gut sein. Schreibe mir auch bitte, wenn ich etwas vorkaufen soll. Untertags weiß ich so vieles, was ich Dir schreiben soll und jetzt fällt mir gar nichts ein.

Morgen gehe ich mit den Mädels in Nationaltheater in „Pan Twardofsky“, einem Ballett. Am Sonntag vormittag in den Mont Everestfilm in die Urania. Heute sind die beiden im Weinberger Theater in „Macbeth“. Muß doch jetzt noch die letzten „freien“ Tage ausnützen, gelt? Bin ja dann wieder „angehängt“. Gestern war Versammlung und ich glaub, man wird uns schon was abziehen. So 40-50 Kc p. Woche, wenn nicht mehr. Habe mich mit Hackl,dem Herrn, welcher Dir den Brief gebracht hat, am Masaryk-Bahnhof zusammenbestellt, bin aber erst um 11 Uhr von der Versammlung weggekommen. Mittwoch und heute bin ich wieder den Weg über die Nuste-Stiege gegangen. Seit dem letzten Mal mit Dir, denn ich wollte gar nicht mehr allein das schöne Bild sehen. Aber jetzt, wo ich weiß, daß Du ja bald da sein wirst, macht’s mir gar nichts mehr. Wie wird das doch so schön sein. Und wenn’s gar den nächsten Sommer dauern sollte. Du wirst sehen, das Häuserl ist außen und innen lieb. Und ich glaube auch die Leute. Sie haben, ich schrieb Dir’s wohl schon, 2 Mädel mit so 6 und 8 Jahren. Vielleicht ganz gut für unseren Buben. Weißt, wenn ich nicht so froh wäre, so möcht ich mit Dir ein wenig schimpfen. Weil Du so lange nicht schreibst. Seit Dienstag keinen Brief. Aber ich tu’s doch nicht, vielmehr gib ich Dir 1000 Busserln mit einem baldigen Wiedersehen. Grüße an Großmama, Hansi und Trude. Hast Du noch tschech. Geld?

1.11.1925

Mein Lieb! Ich glaub noch immer nicht, daß all das Schöne wahrwerden kann, das uns hier erwartet. Und doch habe ich schon die 800 Kc. vorausbezahlt und das letzte Bedenken, daß das Zimmer infolge des Neubaues naß ist, ist verschwunden, denn das Haus ist von Holz und nur mit Putz angeworfen. Und Du wirst sehen, die Frau ist sehr sehr lieb. Ich glaube nicht, daß das nur im Anfange ist, sondern das ist echt. Der Mann war heute am Friedhof, wie ich dort war. Also, läßt Dir die Frau sagen, Du sollst nur für Dich und die Kinder die Wäsche und Kleider und für den Kleinen das Bettzeug mitnehmen, alles andere ist da. Auch Porzellangeschirr. Was Eisen- und Metallgeschirr anbelangt, so denke ich, werden wir die paar Sachen da kaufen, wenn Du nicht den Reisekorb nimmst. Ein Wandel zum Baden ist auch da, auch bekommst Du Milch täglich 1 ½ l. Weiters holt Fr. Chanova für Samstag etwas zu Mittag und für Sonntag kauft sie Dir was ein. 2 Wochen müssen wir uns mit einem Bett und einem Ottoman g’fretten. Das wird die wohl nichts machen, weil die Möbel erst in 3 Wochen fertig sind. Die Frau hat Kinder sehr gern, die Hauptsache, hat aber selbst noch keine, da die Mädel, 7 und 9 Jahre, von der ersten Frau sind. Wenn nicht wirklich alles trügt, so glaub ich, wirst Du es da draußen sehr gut haben, oder eigentlich wir, denn Ihr beide dürftet zusammenpassen. Fr. Chanova war als Kind in Dresden und hat dort so gut deutsch gelernt, auch in Wien war sie ein paar Wochen. Sie dürfte aber erst 25-28 Jahre alt sein. Vergiß bitte nicht Docht für die Spiritusbrenner mitzubringen, da derselbe in demselben sehr kurz ist. Gestern habe ich bei Frau Vich gekündigt. Dachte, sie wird vielleicht ein Gesicht machen, doch sieht sie das sehr gut ein. Es ist ihr natürlich leid, aber man kann nichts machen.

Nachmittag gestern waren wir im Nationaltheater in dem Ballett. Sehr hübsch. Heute nach Hrdlosezy am Friedhof, dann essen und nachmittags wie gewöhnlich bei Brodils. Selbe sind ganz närrisch im Hausbauen. Ich glaube wirklich, sie fangen nächstes Frühjahr an. Ihre Tante, Du kennst sie ja, ist auch dabei. Natürlich in Hrdlosezy.

Unsere neue Adresse ist:

bei Fr. Berta Chanova

Praha-Hrdlosezy

u Rokytky

Rokytka ist nämlich der Bach der vorbeifließt.

Bin aber so neugierig, was Du schreibst, glaube, daß morgen schon Post kommt. Die Adresse laß gleich zu Hause, eventuell bei Olga, wenn Du sie triffst. Der „Kosmos“ und die „Technik für alle“ sollen noch bezahlt werden, doch werden wir vielleicht zu wenig Geld haben. Habe mir von Schw. Brodil 300 Kc ausgeborgt. Auf 1 oder 2 Wochen. Für nächsten Sonntag ist das Programm schon fertig. Vormittag muß ich mit den Buben zu Brodils, nachmittag kommen die Mädels (vielleicht). Der Brief geht erst morgens abends ab, da ich die Antwort Deines kommenden Schreibens gleich erledige. Der vorletzte Brief wahrscheinlich. Nun Lieb, haben wir uns bald wieder. Mein liebes Weib, wie schön wird nun das Leben hier sein, mit Dir und unseren Kindern, die ich dann nicht mehr entbehren muß. Schlaf wohl, Schatz, bald schlafen wir zusammen. 2 Wochen in einem Bett, grad wie vor 4 Jahren.

Vergiß nichts und mach das mit den Koffern wie Du glaubst. Wenn’s 2 sind, ersparen wir eigentlich auch nichts, denn wir haben ja den Wagen. Also ist vielleicht doch besser der große Reisekorb. Werden wahrscheinlich mit dem Auto von der Bahn fahren.

Ja richtig, noch was. Unten im Kasten ist unisolierter Kupferdraht für eine Freiantenne, bitte bringe den mit. Am besten ganz unten im Koffer.

Leb wohl, mein gutes Schatzerl!

2.11.1925.

Mein liebes Weib! Deine Karte war wieder einmal ein Dämpfer für meine Freude. Ja, ich kann nicht umhin, Deine, na, ob Ruhe der richtige Ausdruck ist, weiß ich nicht, zu bewundern, die Du wieder einmal an den Tag legst. Ich nehme an, daß Du Freitag vormittag den Brief bekamst. Läßt ruhig 1 ½ Tage vergehen, und dann schreibst Du eine Karte, auf welcher überdies nichts draufgeht. Weiters ersuchte ich Dich mir GLEICH zu schreiben, wieviel Geld Du brauchst. Auch davon kein Wort. Schau, ich muß ja hier auch vorbereiten und einteilen. Wenn Du mich expreß verständigt hättest, daß Du am 7. nicht kommen kannst, so hätten wir 100 Kc erspart. So habe ich gestern die Vorausbezahlung an 7. geleistet. Was die Verhandlungen betrifft, so sollst Du doch denken, daß auch ich mit denselben gerechnet habe, oder glaubst Du, daß Herr Hackl nur daran dachte? Als ich den Brief übergab, war ich mir so ziemlich klar, daß dieselben unser Vorhaben nicht beeinflussen.

In dem vorigen Brief schriebst Du, daß Du glaubst, Robert wäre krank. Was ist mit ihm? Teile mir mit, wann Du zu kommen gedenkst. Wir haben ja noch Zeit zum Hin- und Herschreiben. Erledige auch bitte den Kosmos und Technik für alle und gib zugleich die neue Adresse an. Zu zahlen ist ca. 100.000 K. Leb wohl! Dich und die Kinder küßt

Dein Robert

Wien, 2.11.1925

Du, mein Liebstes!

Also wenn Du nicht so froh wärst, würdest Du ein wenig schimpfen. Nun Lieb, ich hoffe doch, daß Du Samstag meinen Brief bekommen hast. Du hast zwar Dein Schreiben mit 31. datiert, aber anscheinend Freitag geschrieben. Und ist das gar so lang, vom Dienstag zum Freitag? DU wolltest doch, daß wir nur einmal wöchentlich schreiben.

Nun aber zur Beantwortung Deiner Briefe.

Schatz, Du süßer, lieber, wie bin ich froh und glücklich, daß es doch Wahrheit ist und ich zu Dir kommen kann. Herr Hackl hatte mir ja die Freude genommen, ehe ich noch Deinen Brief gelesen hatte. Er hat nahezu als bestimmt angenommen, daß die Verhandlungen schlecht ausgehen und die Monteure dann alle heimkommen. Deshalb schrieb ich Dir auch nicht, da ich Dich zu Hause erwartete. Wenn Du heimgekommen wärst, und wir hätten dann können miteinander nach Böhmen fahren, wär’s mir allerdings noch lieber gewesen, denn - ehrlich gesagt, die Fahrt fürchte ich. Wenn mir wieder so schlecht wird, was tue ich dann mit den Kindern? Na, aber am 7.fahre ich nicht, denn Fredy bekommt, glaube ich, schon wieder Zähne. Der linke, oben in der Mitte, ist schon ganz weiß durchsichtig. Dabei hat er nun sehr abführen. Hat heute schon begonnen damit. Du kannst Dir denken, was das für eine Wirtschaft wäre auf der Bahn.

Sei mir bitte nicht böse deßhalb, Kind, Du weißt wohl, daß ich lieber heute als morgen bei Dir wäre! Wie ich mich auf unser Zusammenhausen freue! Aber mir scheint, Dir ist ein bisserl bang, vor dem „angehängt“ sein. Na, ’s wird so arg nicht werden für Dich. Ich will Dich doch in keinerlei Weise anhängen. Lieb, wenn Du fortgehen oder bleiben willst, so tust Du’s halt. Für mich ist die Sache schon schwieriger, denn dann gibt es keine Großmama, der man die Kinder eventuell überlassen kann. Mutter meinte ja auch gestern, als ich sagte, ich wäre so gerne zu Rigoletto gegangen. „Na, so geh doch, nutz die Zeit aus, dann bist Du ja ganz angehängt.“ Wenn ich aber kein Geld habe, dann muß ich ja zu Hause bleiben. Nein, mein Schatz, ich habe auch cech. Geld nicht mehr. Wenn ich nächste Woche (nicht diese, denn meine Auszahlung ist erst Montag) weniger bekomme (Ich denke ungefähr 9 S), dann mußt Du mir Geld schicken. Ich hatte gestern 10.70 S Zins, außerdem aber wird mir Olga meinen Mantel bringen. Kostete wahrscheinlich auch beiläufig 10 S. Die Gasrechnung am 9. wird noch mehr ausmachen. Erholen hätte ich mich erst die Woche nach dem 15. können, denn da habe ich keine Nebenauslagen und hätte demzufolge die Mantelrechnung decken können.

Also was ich brauche, wenn ich komme. Ich weiß nicht, Kind, ob die Bahnfahrt schon teurer ist, sie sollte ja erhöht werden. Ich rechne ca. das Doppelte des Fahrpreises, für mich und den Korb. 50 Kc Ausfall von der nächsten Woche und 50 Kc für den Mantel und das Auto zur Bahn. Also zusammen ca. 300 Kc, wenn die Bahn noch nicht teurer ist. Werde mich noch diesbezüglich erkundigen. Hoffentlich bist Du nicht ganz entsetzt, Kind. Ich habe Dir wirklich nur das Notwendigste geschrieben.

Sag, habt Ihr am 12. Nov.frei? Da glaube ich, könnte ich’s schon wagen zu kommen. Sonst komme ich erst am 15. Robert fragt schon jeden Tag, ob wir heute schon nach Prag fahren und Großmama weint um Fredy. Sogar Entführungspläne hat sie schon im Sinn. Sie will den Buben nicht hergeben. Betreffs des Bettzeuges erkundige Dich bitte genau. Auch ob Bezüge da sind oder ob ich sie mitbringen muß.

Was ich dringend brauche, wenn ich komme, ist vor allem Milch. Versuche gleich zu ergründen, wo ich die bekommen kann, 2 l täglich. Dann irgendetwas zum Kochen für Sonntag, falls ich Samstag komme. Ferner Schmalz, Mehl, Zucker, Grieß (für Fredy), 4-5 Semmeln, Brot, Holz und Kohlen. Es ist vielleicht ganz gut, wenn Du eine Woche schon früher draußen wohnst, denn die Zeit von Samstag halb 3 Uhr bis abends ist sehr kurz, zu kurz, um alles zu besorgen. Der Kleine soll ja nicht allzusehr aus der Ordnung kommen, betreffs essen und schlafengehen. Es wird ohnehin wieder eine Weile dauern, bis er sich eingewöhnt. Ortsveränderung, Klima und Personenwechsel spielt bei solch kleinen Butzerln doch eine große Rolle. Wenn Du willst, kaufe auch drei Teller, drei Häferln und wenn’s Dir ausgeht auch eine Badewanne für die Kinder. Ein Topferl wird wohl Schw. Brodil so gut sein für Dich zu besorgen, denn das kaufst Du doch auf keinen Fall. Wir aber benötigen es dringend.

Mit dem Korb kaufen kannst Du Dir Zeit lassen. Vorläufig werde ich versuchen, das Kleine in den Reisekorb zu betten. Da fällt es sicher nicht heraus. Wo wird Robert schlafen? Bei uns? Wo das Häuserl steht, kann ich mir beiläufig denken. Man hat wenigstens die frische Luft gleich vor der Türe. Ja, ist ein Ofen im Zimmer?

Betreffs des Geldes heiße ich Deinen Plan gut. Unterschreiben muß ich nicht selbst. Habe gleich heute mit dem Geldbriefträger gesprochen. Ja, noch etwas brauchen wir: Salz und Malzkaffee, auch Feigenkaffee, eventuell Kartoffel. Nun glaube ich, ist’s alles. Mir scheint, Robert fiebert ein bisserl. Er hatte schon Kopfweh beim Niederlegen und eben fantasiert er ein wenig. Die Auszahlung von dieser Woche (also nächstnächste Auszahlung) kannst Du schon zum Großteil nach Prag überweisen lassen. Doch trachte es bitte so einzuteilen, daß ca. 150.000 K hierhergelangen, weil wir sonst Geld herschicken müßten.

Glaubst Du, soll ich mein Kostüm wieder mitnehmen? Ich denke nicht. Wir können doch keine Partien machen.

All das Liebe in Deinen letzten Briefen beantworte ich Dir ein andermal, heute hat das Sachliche Raum und Zeit verschlungen. Grüße von allen und an alle!

Vorläufig noch auf Papier, bald aber wirklich, küßt Sich innig

Dein Weiberl

Prag, am 4.11.25

Mein liebes Weiberl!

Nun ist ja endlich der Brief gekommen und ich weiß, wie Du über Dein Kommen denkst. Na, ich hab’ auch H. Hackl ein wenig den Kopf gewaschen, aber sag einmal, wie stellst Du Dir denn so ein momentanes Abfahren vor, daß Du mich in Wien erwartetest? Das geht ja doch nicht so Knall und Fall. Nun bin ich doch so froh, daß ich heute schon Dein liebes Schreiben erhalten. Ich hab’ schon sehr gewartet darauf. Da wir am 12. Nov. nicht frei haben, ist’s vielleicht besser, wenn wir wirklich bis 14. (Samstag) warten. Du bist ja dann schon vollkommen fertig und ich brauch mir nicht frei zu nehmen. Obwohl ich ja gern gehabt hätte, daß unser Bub seinen Geburtstag hier gefeiert hätte. Mit dem „angehängt“ sein, hast Du’s mir scheint wirklich ein bißchen ernst gemeint. Na, ich glaub, Du kennst mich doch. Was Dich anbelangt, so glaub ich kannst Du die Kinder wenn Du Besorgungen hast unserer Frau überlassen, na das wird sich schon finden. Das Geld sende ich Samstag ab (300 Kc). Zur Sicherheit beantworte ich Dir nocheinmal Deine Fragen. Bettzeug brauchst Du gar nichts mitzunehmen, bis auf das Bett und Zubehör Fredys. Wegen Milch werde ich morgen, da ich ja absagen muß, sprechen. Im schlimmsten Fall bringe ich dieselbe mit. Das Gewünschte für Fredy wird besorgt, auch Holz und Kohlen. Auch für Sonntag wird vorgekauft. Hinaus werde ich erst am 14. mit Euch fahren, dagegen schon früher Sachen dorthin bringen. Porzellangeschirr ist zur Genüge draußen. Kaufe ich eventuell erst bis Du da bist. Auch ein Badewandel aus Holz ist da. Wegen Topferl - wird gemacht. Ofen ist bis zu unserem Einzug aufgestellt. Das Kostüm laß nur zu Hause, da Du Dir bitte nur das Notwendigste mitnehmen sollst. Natürlich aber alles was Du wirklich brauchst. Bitte das Metallgeschirr, das wir hier brauchen, weiters ein Stück Stoff für meinen grauen und für meinen Wochentagsanzug. Des weiteren Wäsche für Dich und die Kinder und Eure Bekleidung. 2 Spiritusbrenner und Docht dazu, da hier keiner zu haben ist. Und habe nicht zu viel Angst vor der Fahrt, da Dir ja sonst nie schlecht war.

Ich habe und muß mich ja dreinfinden und weiß ja auch, daß es besser ist, wenn Du erst nächste Woche kommst, hoffen wir, daß es Dir bei der Fahrt und auch den Kindern gut geht.

Hast Du schon den Paß besorgt, weiters wie ist es denn mit dem Visum? Das wirst Du Dir wohl hier verlängern lassen müssen. Werde mich diesbezüglich noch hier erkundigen, hat ja überdies Zeit. Der Fahrpreis ist wohl teurer geworden, aber nur auf der österr. Bahn. An den Reisekorb als Bett für Fredy habe ich auch schon gedacht, aber ich war der Meinung, daß er zu groß ist. Robert wird wohl bei uns schlafen müssen wenigstens einstweilen, wir werden ja dann sehen, wie sich alles arrangieren läßt. Momentan kann ich nur so wenig wie möglich kaufen, da ich Schw. Brodil sobald als es nur geht, das Geld zurückzahlen will. Wenn Du Olga siehst so sag ich auch, daß ich ihr das Geld später senden werde. Auch Papa. Grüß mir alle recht herzlich, ich werde ja längere Zeit nicht nach Wien kommen. Auch Großmama und die Kinder. Wenn wir das nächste Jahr noch heraußen sind, kommt Hansi bestimmt einmal heraus. Die Brodils würden sich ja auch recht freuen.

Nun Schatz, auch diese Zeilen sind sachlich und dann geht Zeit und Papier zu Ende. Noch 10 Tage trennen uns und dann können wir all das Liebe zusammen haben. Schlaf wohl und gib den Kindern viele Busserln von mir. Sag Robert, ich freue mich schon sehr auf ihn.

Dich umarmt und küßt innigst

Dein Robert.

Wien, 5.11.1925

Herzlieber Mann!

Habe heute morgens Deinen Brief vom 1.-2. erhalten, nachmittag, Gott sei Dank, auch den vom 4.d. M. Sonst weiß ich nicht, ob ich heute nacht ein Auge geschlossen hätte. Ich liege schon so die halben Nächte wach und denke an mein Lieb! Ich ersah aus Deinem gestrigen Brief, daß Du Dich schon ein wenig beruhigt hast. Dein Schreiben vom 2. hatte mich sehr traurig gemacht, so traurig, daß ich am liebsten gestorben wäre; aber weinen konnte ich nicht. Sag Kind, glaubst Du denn wirklich an die Ruhe oder ich denke, der Ausdruck der Dir mangelte war „Gleichgültigkeit“ meinerseits? Wenn Du nicht wüßtest, wie lieb ich Dich habe! Na, lassen wir das. Leicht komme ich aber über den Ton dieses Briefes nicht hinweg.

Will Dir nun Deine Briefe vom 1. und 4. beantworten. Daß das Häuserl aus Holz ist, freut mich sehr, denn auch ich trug Bedenken gegen den „Neubau“, wollte Dir aber die Freude nicht stören. Wir hätte ja unter Umständen immer noch etwas anderes finden können, wenn wir schon beisammen gewesen wären. Natürlich aber ist’s mir lieber, wenn es nicht nötig ist, besonders wenn die Frau so lieb ist, wie Du schreibst und Mann wie Frau gut deutsch sprechen. Es ist letzteres zwar weniger gut für mich (weil ich umso weniger cechisch lernen werde), aber desto angenehmer. Über das was ich mitnehmen soll, bin ich aber nun so gut informiert, wie Du darüber, was ich brauche. Bitte auch Spiritus nicht zu vergessen und eine Kerze. Nachtschalter gibt es ja leider nicht. Wenn ich anstatt 2 l Milch nur eineinhalb bekomme, macht das ja nicht allzuviel. Ich muß halt den persönlichen Bedarf gänzlich einschränken.

Wenn Brodils nächstes Frühjahr bauen würden und wir noch draußen wären, das wäre wunderschön. Ich stelle mir dieses Zusammensein ganz ideal vor. Übrigens herzliche Grüße von Br. Hansen an Brodils und Dich. Er war gestern bei uns. Absolut will er, daß ich noch zur Konferenz am 15. hierbleiben soll, aber - ich möchte doch lieber bei meinem Schatzerl sein. Na, wenn ich schon nicht zur Konferenz bleibe, soll ich wenigstens zum Fest gehen. Es ist ihm nicht um den Kartenverkauf zu tun, wie er mir beteuerte, sondern weil ich ohnehin nirgends hinkomme (woher er das weiß?) und es ist eines der schönsten Programme und er würde sogar zu und kommen und auf die Kinder schauen, wenn ich gehe u.s.w. Was ihm wohl daran gelegen sein mag, gerade mich auf dem Fest zu wissen. Gestaunt hat er, wie groß Fredy geworden ist. Er hat ihn ja auch nicht gesehen, seit wir nach Ternitz sind. Kind, wie ich mich freue, wenn ich denke, wie er Dir gefallen wird.

Aber Schatzerl, wie denkst Du Dir dieses vormittag zu Brodils gehen mit den Buben? Mit Robert allein ja, aber der Kleine ist denn doch zu klein für Dich, abgesehen davon, daß er Dir die erste Zeit kaum zugehen wird. Er hat heute bitterlich geweint, als ihn Olga nehmen wollte. Aber reißen tut er gerne und da werdet Ihr Euch schon vertragen.

Olga hat mit meinen Mantel gebracht, nachdem ich vormittags bereits darum dort war. Er kostet 130.000 K, ist aber jetzt sehr schön schwarz. Ich glaube, ich nehme den grünen gar nicht mit. Der schwarze muß aber erst modernisiert werden.

Einen Spiritusbrenner für Frl. Ruschenka bringe ich mit, Aber für mich nehme ich den, den ich in Ternitz hatte; der ist mir sehr bequem und es geht schneller.

Den Paß und das Visum besorge ich gleichzeitig, aber erst nächste Woche, weil’s dann länger gilt. Der Zug geht um 7.40 früh ab und kommt um 14.17 in Prag an. Also 33 Minuten schneller als das letzte Mal. 34 Min. haben wir in Velenice Aufenthalt.

Daß Du Schw. Brodil das Geld so bald als möglich zurückzahlst, ist selbstverständlich. Wir werden uns halt anfangs ein bisserl einschränken. Gelt, mein Lieb?

Ich wollte nur lieber, ich wäre schon bei Dir und könnte mit Dir in einem Bett schlafen. Lieb, mein Lieb, wie schön wird’s bei Dir sein. Und wie schön, wenn ich die Kinder allein zu erziehen habe. Mutter tut mir zwar sehr leid, sie weint so oft und so alt sieht sie aus; ich glaube immer sie ist nicht mehr dieselbe seit dem Schlaganfall. Vielleicht tut’s ihr auch gut, wenn sie eine Weile Ruhe hat vor uns, wenn ihr auch die Trennung schwer fällt. Nun Liebling, schlafe wohl und denke, daß all meine Sehnsucht immer bei Dir ist.

Grüße von allen! Auch von Olga!

In heißer Liebe

Deine Gretel

Prag, am 5.11.1925

Mein Liebstes!

Komme soeben von unserem neuen Heim. Als ich hinkam, klopfte ich ans Fenster, es waren aber nur die zwei Mädeln zu Hause. Sie erkannten mich uns ließen mich hinein und waren gleich recht heimlich, erzählten mir viel, zeigten mir auch das Zimmer,wo zu meinem Erstaunen schon neue Betten drin waren. Alles schon fertig zum Kommen. So sieht’s beiläufig aus:

Zeichnung

Etwas was noch fehlt ist eine Lampe. Wenn Du glaubst, daß Du Platz hast, so bringe unsere vernickelte mit. Ohne Schirm, eventuell auch ohne Zylinder. Ansonsten muß man hier eine kaufen.

Das Zimmer ist sehr freundlich, es wird Dir, so glaube ich, gefallen. Mit den diversen Besorgungen von Mehl, Schmalz etc. bis zum Topferl wird alles von der Frau erledigt. Sie freut sich selbst schon besonders auf Fredy, da sie kleine Kinder sehr gern hat. Milch bekommst Du so viel Du willst.

Eine Bitte hat Herr Chana an Dich. Er hat in Wien einen Bruder, welcher aber gleich den meinen, sehr schreibfaul ist. Ob Du so freundlich sein willst und schauen, ob er überhaupt noch lebt und wie es ihm geht, ob er verheiratet ist, u.s.w. Also so eine kleine Biographie. Die Adresse liegt bei. Wenn ich H. Chana richtig verstanden habe, so ist dies ein Fabrik mit Namen Vetter. Zum Dank dafür, hat die Frau gesagt, wird sie Dir den Kleinen hutschen. Als ich ihr sagte, daß Du eben schriebst, daß Du hier nicht mehr die Kinder der Großmama überlassen kannst, da hat sie gesagt, daß sie halt hier die Großmama sein wird. Also braucht Dir doch nicht so viel bange sein, daß Du ganz allein bist. Des weiteres, Du siehst, es ist noch nicht alles, wird Dir das Frl. vom H. Hackl 2 Garnituren Wäsche bringen, die neuen nimm bitte mit. Ich bin so froh, daß alles so gut geht und daß es draußen so schön ist. Noch froher wäre ich, wenn der Sonntag und Ihr schon da wäret. Ich denke immer, wir werden sehr sehr glücklich sein und ich male mir schon alles schön aus.

Wenn Du am 12. Zeit hast, so gehe mit Robert am Ring und schau Dir mit ihm den Umzug an. Vor drei Jahren, da haben wir schon gewartet, gelt? Wie doch die Zeit wirklich so schnell vergeht. Da werden die 9 Tage wohl auch noch vergehen.

Nun Lieb, schlaf wohl und mach alles dobri. War schon zwei Tage nicht bei Brodil, na, morgen geh ich wieder. Viele Busserln Euch allen. Fortsetzung morgen.

Liebes Weiberl! Dachte, daß ich heute ein Schreiben von Dir bekomme, leider ist’s nicht wahr. Also morgen. Komme eben von Brodils, wo ich mit Hansi wieder tschechisch lernte. Sie freuen sich natürlich auch schon sehr. Mutter Brodil ist wieder ein wenig verschnupft. Sie sagt natürlich gleich, daß sie die Grippe hat, aber es ist nicht wahr. Morgen gehen sie in die „Verkaufte Braut“ und es ist mir sehr leid, daß ich keine Karte habe. Na, vielleicht gehen wir dann einmal miteinander.

Noch etwas ist mir eingefallen. Mein Reißzeug bitte vergiß nicht. Wir sollen jetzt Überstunden machen. Das wäre mir gar nicht recht, denn dann würde ich abends spät nach Hause kommen und wieder nicht viel von den Kindern haben.

Wie ich erfuhr, wird die Bahn erst am 1. Jänner teurer, weiters glaube ich, kannst Du Deine Karte eventuell schon einen Tag früher lösen. Vergiß nicht Dich zu erkundigen wegen der Abfahrtszeit. Hast Du das Visum schon erledigt? Laß Dir’s bitte nicht bis zum letzten Moment.

Leb recht wohl, ’s ist ja schon wieder ein Tag weniger. Wie geht’s Fredy? Schreib aber doch noch. Mit vielen Küssen

Dein Robert

Prag, am 7.11.1925

Mein guter Schatz!

Wenn ich nur wüßte, was ich Dir noch schreiben wollte betreffs Mitbringens. Es waren zwei Kleinigkeiten, aber wie ich auch denke, es fällt mir nicht ein. Vielleicht später, jetzt will ich Dir Deinen so lieben Brief vom 5. beantworten. Du bist im Irrtum, mein Lieb, wenn Du glaubst, daß ich meinte, Du wärest gleichgültig in dieser dummen Geschichten, an welcher die Hauptschuld eigentlich H. Hackl trifft. Das wußte ich, daß Du froh warst, eben weil wir uns so gerne haben. Aber schau, ich habe halt ein anderes Temperament. Wenn ich etwas erlebe, sei es etwas Schönes oder nicht, so habe ich das Bedürfnis mich mitzuteilen und wäre ich an Deiner Stelle gewesen, so hätte ich mich sofort hinsetzen müssen und auch mit dem Bewußtsein daß die Abfahrt unsererseits eventuell stattfinden kann, schreiben, was eigentlich los sei, in dem Brief steht so und H. Hackl sagt so. Dieses Bedürfnis hätte ich gehabt, aber es soll Dir dieses ganz individuelle Beispiel ganz gewiß nicht allgemein und richtig erscheinen. So wie ich die Geschichte jetzt sehe, ich wußte ja nicht und dachte nicht im Geringsten, daß H. Hackl so schwarzseherisch in der Lohnsache ist, hast Du ja recht getan, aber Du darfst nicht meine Situation vergessen. Ungefähr 5 Tage wartete ich auf Antwort, auch sehnsüchtig, Du weißt ja selbst wenn man alle Tage hofft und enttäuscht wird, wie das ist und dann findet man statt einem wenigstens 4 Seiten langen Brief ich bin halt auch verwöhnt) in welchem man eine Aussprache erhofft, eine Karte mit ¼ Seite. Und noch dazu, und das ist ja auch ausschlaggebend zur Mißstimmung, obwohl das ja von Dir sehr vernünftig und richtig war, die Verzögerung von einer Woche. In dieser Stimmung nun war der Brief geschrieben und mein liebes Weib, ich bitte Dich sei mir nicht böse deshalb und verzeihe mir die Kränkung. Ich weiß, daß ich nicht ganz recht getan, es wäre besser gewesen, wenn ich erst den nächsten Tag geschrieben hätte. Heute in 8 Tagen, Schatz, kann ich schon so ganz meinen Kopf an Deine Brust drücken, mein Lieb, und Du gibst mir dann ein Busserl und alles ist wieder gut. War wie alle Sonntage auch heute bei Brodils und soll Dir noch einen Gruß ausrichten. Und Du sollst Dir doch so einen Spiritusbrenner mitbringen und ich muß der Schw. Brodil recht geben. 1. gefahrlos, 2.sparsam, 3.zeitsparend und 4. auch schnell, wenn man denselben nur hoch aufdreht. Weißt, ich habe ja keine Ahnung, jedoch bei Kindern kann man nicht genug vorsichtig sein. Überlege es Dir halt noch. Jetzt fällt mir eben ein, was ich Dir schreiben wollte. Nimm Dir zur Reise unsere schwarze Ledertasche mit, die wird uns auch hier gute Dienste leisten beim Einkaufen. Die Mädels sind heute mit einem Bekannten aus Mutters Geburtsort in’s Theater gegangen. Morgen nachmittag gehen wir zu Ruschenka nach Hrdlosezy. Wahrscheinlich auch in „unser“ Häusel. Es ist Kirchweih draußen, da gibt es natürlich Golatschen. Ich glaube, wenn wir von Prag weggehen, werden wir einen ganz schönen Bekanntenkreis haben.

Jetzt geh ich schlafen. Die letzte Woche allein. Mein lieber Schatz, schlaf auch Du wohl.

Ja, aber noch was wegen „vormittag zu Brodils“. Da war wahrscheinlich meine Rechtschreibung schuld. Ich meinte nur unseren Bub, nämlich Robert. Nun liebes Weib, küßt Dich innigst

Dein Robert

Mein innigstgeliebtes Weib!

Der letzte Sonntag ohne Dich ist um und ich bin froh, wieder ein Tag weniger. Wie sehne ich mich nach Euch und nach Dir, Du mein Schatz! Nächste Woche um diese Zeit sind wird schon ganz beisammen und ich glaube, die Woche wird mir sehr lange dauern. Bin wieder recht unvernünftig, gelt, mein Lieb? Wir waren gestern nicht in Hrdlosezy, Schw. Brodil trug wieder einmal Bedenken wegen des Wetters. Dafür waren wir nachmittag ca. eineinhalb Stunden spazieren. Vormittags war ich wieder in der Urania. Es wurde die Besteigung des Mont Everest vorgeführt und zwar die 3. Expedition von 1924. Die wir beide sahen war die von 1922. Wieder wundervolle Aufnahmen. Heute nacht träumte ich wieder von Dir. Und zwar waren wir schon in unserem Hauserl, aber es war rundherum alles voll Nebel. Jedoch auf einmal riß derselbe auf und es lag herrlich in der Sonne der schneebedeckte Schneeberg vor uns. Das war so schön, daß wir große Freude hatten und wir sahen eine Straße vor uns und darauf mehrere Hauserl und auch dieses, wo wir damals übernachteten, als wir das Kalberl nach Hause brachten. Das war ein schöner Traum und ich denke, so sonnig wie dieser Traum war, soll in Wirklichkeit unsere Zukunft werden. Gelt, Du schreibst mir doch noch, wenn Du auch schon bald selber kommst?

Ja, Du weißt glaub ich gar nicht, daß ich wieder eine Zulage bekommen habe. Jedoch gilt dieselbe nur, solange ich in Prag bin. Eine Platzzulage also, von 500 Kö p. Std. Nun, sind ja auch 2.4 Sch pro Woche. Lege Dir 20 Kc für die Reiseeventualitäten bei. Werde mir diese Woche noch 50 Kc ausborgen müssen, aber nur bis Freitag. Da zahlen wir dann alles zurück. Und ich glaube nicht, daß wir uns deswegen sehr einschränken müssen. Bleiben uns doch noch 200 Kc für die nächste Woche. Übrigens glaube ich, arbeiten wir schon morgen bis 8 Uhr abends. Das sind wieder Überstunden. Leider werden dieselben wahrscheinlich bis Weihnachten oder Neujahr dauern, sehr gut für die Kassa, aber natürlich nicht für unser Beisammensein. Na, wenn ich Euch nur ein bisserl habe, will ich zufrieden sein.

Mein liebes gutes Weiberl, sei vielmals geküßt von

Deinem Mann

Prag, am 9.11.25

Mein Lieb!

Es ist nun doch wahr mit den Überstunden. Wir arbeiten nun alle Tage bis Weihnachten wahrscheinlich bis 8 Uhr, Samstag bis 6 Uhr. Natürlich mache ich mir am 14. frei und erwarte Euch am Bahnhof am Perron. Bitte steige wenn möglich wieder vorne ein. Habe Dir heute früh einen Brief mit 20 Kc gesendet, hoffentlich bekommst Du selben.

Unsere Lohnsache ist auch schon erledigt. Und zwar ist zwar unsere Tageszulage von 48 auf 56 Kc erhöht worden, es entfällt aber die 2 Kc-Zulage p. Std. Wir bekommen also statt wöchentlich 7 x 48 + 48 x 2 = 432 nur 7 x 56 = 392, verlieren also 40 Kc pro Woche, jedoch bekommen wir monatlich 50 Kc mehr für’s Quartier und alle ¼ Jahre einen bezahlten Urlaub von 3 Tagen samt Montagezulagen. Für die jetzt geleisteten Überstunden bekommen wir die normalen 50 % und von 5 bis 8 Uhr 2 Kc, von 8 Uhr abends bis 5 Uhr früh 3 Kc und von 5 Uhr früh bis 7 Uhr wieder 2 Kc separat. Ich werde also durch die Überstunden ca. 200 Kc wöchentlich mehr verdienen. Ja, in den Lohnverhandlungen sind noch die Platzzulagen in definitive Zulagen umgewandelt worden, so daß ich also wirklich 1.15 S p. Stde habe.

In unserer Smichower Zentrale sollten am 14./15.d. M. 300 Probestationen eingeschaltet werden. Nun ist dieses Projekt glücklicherweise auf den 17.11. verschoben worden. Sonst hätte ich wirklich Sonntag gar nicht bei Euch sein können. Nur unter der Woche werde ich von den Kindern wohl nicht viel haben, desto mehr an Sonntagen.

Es ist dies wahrscheinlich der letzte Brief, warte aber noch ein Schreiben von Dir ab, bis ich ihn absende. Jetzt geh’ ich ins Bett, wünschte ich könnte schon zu Dir kriechen. Nur mehr 5 Tage!

Gute Nacht!

10.11.25

Mein lieber Schatz!

Leider muß ich den Brief wegschicken, ohne Dir noch antworten zu können, denn sonst wird er Dich unter ungünstigen Verhältnissen nicht mehr antreffen. Dein Schreiben kommt wahrscheinlich erst morgen.

Ich habe ganz vergessen, Dir betreffs des Festes zu schreiben, daß Du doch gehen sollst, wenn man Dich schon so dort haben will und einladet. Es wird ja gewiß nicht so viel kosten, obwohl ich ja weiß, daß es Dir knapp ausgeht. Weißt, ich kann Dir - doch wozu denn das, denn erstens weißt Du ja so, daß ich auch kein Geld habe und zweitens hat, wenn Du da bist, ja so die Geldmisere ein Ende. Brodils lassen auch Br. Hansen noch recht schon grüßen.

Es ist dies also das letzte Schreiben, Gott sei Dank, hoffentlich auf sehr lange Zeit. Mit dem Schlafen geht’s mir auch so wie Dir, die Freude laßt’s nicht zu. Heut war ich schon um 4 Uhr wach. Und mein Herz ist auch ganz komisch. Weh tut’s mir gar nicht, aber es geht so ganz aus der Ordnung, einmal schlagt es stark, dann spür ich’s gar nicht, einmal schneller, einmal langsamer, grad wie’s ihm einfällt. Ich glaube, ich brauch Dich zur Reparatur.

Wegen des Mantels hast Du auch recht, wenn Du nur den schwarzen mitnimmst. Der Pelz wäre zwar sehr praktisch darauf, weiß jedoch nicht, ob’s überhaupt geht. Setzt wohl Deinen roten Hut auf, nicht? Wenn die Witterung so anhält, wär’ es gut. Zwar kühl, jedoch trocken. Vor mir steht Spiritus, Gries und die Kerze. Wartet auch schon auf Dich.

Nun, mein lieber Schatz, aus ist’s hoffentlich mit der Schreiberei! Wenn Du noch von meinen Geschwistern wen siehst, ich laß sie alle herzlich grüßen. An Großmama, Hansi und Trude schicke ich noch viele Küsse und Euch erwarte ich am Samstag.

Auf Wiedersehen, mein Lieb, und gute Reise!

Hrdlosezy, 26.11.1925

Meine Lieben!

Euer liebes Schreiben von Sonntag erhielt ich gestern, doch konnte ich nicht gleich antworten, weil ich (endlich) den Meldezettel ausfüllen mußte. Das ist aber hier sehr umständlich, da sie sogar noch die Ahnen zu wissen begehren, nicht nur die Kinder. Tag und Ort der Hochzeit ist auch so ein Punkt, der sie meiner Meinung nach nichts angeht. Aber was kann man machen.

Nun, mein Mutterle, wie geht’s Dir jetzt, ist’s wieder besser oder fühlst Du Dich noch schlecht? Glaubst Du nicht, daß auch die Kälte eine Rolle spielt? Ich kann Dir ja nicht einmal schreiben, heiz Dir ein, weil ich doch weiß, daß es nicht reicht. Kochen wirst Du wohl ohnehin am Petroleumofen. Daß Du nicht zu anderen Leuten gehen willst Dich wärmen, kann ich mir denken. Was soll man auch bei den anderen? Hier bei uns ist’s warm, so warm, daß es mir manchmal zuviel wird.

Fredy hat nicht nur den 4ten, sondern auch den 5ten Zahn bekommen. Beide vorigen Donnerstag. Der mittlere und der rechte daneben sind gekommen. Hansi soll so gut sein und es auf der Gewichtstabelle einzeichnen. Sie liegt in der Tischlade ganz links.

Aus den Wimmerln ist nichts geworden. Ich hatte sie schon zu Hause bemerkt.

Daß ich nicht früher zu Dir hineinkam, hat mich nachträglich sehr geärgert. Ich rechnete aber damit, daß es 1 ½ Stunden dauert, und dann war’s nicht einmal eine Stunde. Eben als ich zu Gusterschitz sagte, „jetzt geh ich zur Mutter“, fuhren wir in Eggenburg ein.

Hirschmanns werden wohl keine besondere Freude haben, wenn Konrad mit Kind und Kegel wieder angerückt kam. 5 kleine Kinder in einer Wohnung. ’s ist fast ein Kindergarten.

Also 48 S hast Du bekommen, bitte hebe die Kupons auf und vermerke das Datum darauf. Wenn Du Fahrgeld und das andere abziehst, bleiben also 28 S. Davon soll Hansi in der Taborstraße bezahlen und die letzte Lichtrechnung bezahle auch und schreibe bitte was Dir bleibt. Wir wollen es nämlich so einteilen, daß Du Olga das Geld gibst, das wir ihr schuldig sind und auch das für Papa. Robert wird sich in dem Fall weniger nehmen, dann bekommst Du mehr, daß Du das wegzahlen kannst. Zins und Radio werden auch fällig und bitte vergiß nicht auf Fa. Dr. Mayer. Es liegt alles ganz links im Kasten oben. Führe bitte die Nummern an. Auch Migrotti. Ich hoffe, daß das Werk dann bald kommt. Daß Trude soviel Sachen bekommt, ist ja ganz gut. Nun hast Du doch für sie die Sorge um den Mantel weg. Aber wie steht’s mit Hansi? Wenn Trude überall mitspielt, ist’s ja schön für sie. Nun kann sie auch ungestört lernen. Die „Pfotograpfie“ (laut Trudes Rechtschreibung) hat Robert sehr gefreut. Aber die langen Gesichter! Wir waren jetzt über eine Woche sehr erkältet, aber es wird schon besser. Fredy mußte die Nacht von Montag auf Dienstag so viel husten. Ich habe ihn bis 4 Uhr früh beinahe immer umgetragen. Mir fallen schon wieder die Augen zu.

30.11.25

Konnte jetzt ein paar Tage nicht weiterschreiben, weil Fredy sehr unruhig war. Freitag hatte er furchtbares Abführen wie noch nie, hat gar nichts gegessen, nur immerzu geschlafen. Die Nacht darauf aber schlief er gar nicht, sondern hat immer geschrieen, so daß niemand schlafen konnte. Von Samstag auf Sonntag war’s wohl etwas besser, aber geschlafen hat er erst heute nachts wieder. Robert hat gestern von selbst ins Bett verlangt. Es hustete ohne Unterbrechung, trotzdem wir Honig und Eibischwurzeltee zu Hause haben. ’s ist auch heute besser.

Betreffs des Geldes ist alles illusorisch, war ich Dir geschrieben habe, Mutter, denn Robert ist erst eingefallen, daß Du wahrscheinlich die letzten zwei Wochen gar nichts bekommen hast, weil Robert nicht daran dachte, daß ihm rückwirkend etwas abgezogen wird. Schreibe mir bitte darüber und wenn Du kannst, bezahle vorläufig den „Kosmos“ und „Technik für alle“. Dein Geld nehme Dir auf alle Fälle. Wir müssen uns dann halt weniger nehmen.

Nun muß ich doch Hansis Brief beantworten, Die Kinder waren verhältnismäßig brav während der Fahrt, sonst ist es mir wohl recht schlecht gegangen. Frau Chana (sprich Chaanja) ist nicht so etwas besonderes. Sie war irgendwo in Prag in einer Kanzlei, in Wien bei einer Frau Dr. Lury (als was weiß ich nicht), mit irgendeiner Baronin als Gesellschafterin (mußte aber auch kochen) auf Reisen. Hier macht sie häusliche Arbeit, füttert Schweine, läuft im Sommer immer, im Winter morgens und abends barfuß u.s.w. Bist Du mit der Beschreibung nun zufrieden? Robert denkt sehr häufig an Dich. Er erzählt mir immer, wie er mit Dir spazieren ging, als Du klein warst und was Du gesagt hast. Natürlich legt er Dir seine eigenen Aussprüche in den Mund, u. Beisp. daß Gänse Krähen sind u.dergl. Viel schöner spricht er noch nicht. Um Fredy braucht Dir nicht so leid sein, ich habe ihn fast den ganzen Tag.

Wann ich aufstehe? Na, wenn wir nicht verschlafen, um ¾ 6 Uhr. Die Wassergeschichte ist schon etwas besser. Trinkwasser besorgt meist Frau Chana und das Rokitkawasser war nur die ersten paar Tage so schmutzig, weil sie Fische gefangen haben (en gros). Ein bißchen Schnee haben wir immer noch, aber jetzt ist alles gefroren, also unangenehmer.

Br. Tadje hat Onkel immer gefallen, aber wie letzterer ersterem gefällt? Das zu sagen ist für mich schwer; ich habe ihn nicht gesprochen. Frau Vich meinte, es lohnt sich nicht wegen zwei Tagen Bettwäsche zu waschen, trotzdem Robert sagte, sie soll sich’s rechnen. Die Affaire mit Emma und Br. Fisher ist wirklich schrecklich. Na, es wird wieder mal Konferenz sein! Und gibt’s kein Wiedersehen, ist’s umso besser für Dich. Daß Br. Young mit Br. Hansen wegfährt, dachte ich doch nicht, aber ich gönne es beiden. So werden sie Weihnachten schon zu Hause feiern. Geweint habe ich allerdings auch, trotzdem ich dachte nach dem Weinen am 12. sei schon alles vorbei.1.12.

Ich habe hier schon einmal von Hansen geträumt (ich bin aber nicht verliebt). Ein Exemplar von „Was eine junge Ehefrau wissen muß“ für die Mädels als Weihnachtsgeschenk. Schw. Brodil habe ich noch nicht gesehen, die Mädels einmal, am 1. Sonntag.

Der Buchhändler ist Taborstraße 11a und heißt Abheiter. Zu bezahlen ist ein Quartal „Kosmos“ und „Technik für alle“. Letztere hat Onkel aber nicht geschickt bekommen. Ferner gib die jetzige Adresse an. Dann denke ein bissel nach, was Ihr notwendig braucht, Du und Großmama. Als Weihnachtsgeschenk. Du hast mir zwar eine Menge gesagt einmal, aber ich hab alles vergessen bis auf die Handtascherl um 5 S. Das ist mir aber ein wenig zu billig. Trude ist soweit ja erledigt. Wenn sie die Tasche zu Weihnachten nicht hat, soll sie sich nicht kränken. Onkel fährt nach Neujahr bald einmal nach Hause, dann bekommt sie’s halt nachträglich. Fredys sechster Zahn hält mich schon seit Samstag zum besten. Er scheint schon durchzukommen, doch ist er noch nicht da. Grüße mir bitte alle Bekannten und Geschwister! Zum Schreiben werde ich wohl nie kommen.

Für Dich, liebes Truderl, bleibt nur wenig Platz. Ich freue mich mit Dir über Schw. Ranftls Geschenke und auch daß Du überall mitwirkst. Sei nur auch zu Hause brav, daß sich Großmama nicht zu viel ärgern muß. Wir haben hier zwei Mäderln, Magna und Anaschka (Agnes), die Kleine erinnert mich sehr an Dich, die Große aber ist ein sehr sehr liebes Kind. Ich wünsche mir oft, Du wärst so. Viel zarter sind sie beide als Du. Besonders die Kleine ist wie eine Fliege.

Ja, daß Großmama beruhigt ist: Robert hat einen Sweater, Mütze und Gamaschen. Nun bekommen wir beide noch Schneeschuhe. Ich mag sie zwar nicht, aber es wird besser sein.

Nun viele viele Grüße und Küsse an Euch drei. Schreibt bald, Ihr habt mehr Zeit als ich. Heimweh hatte ich noch nicht, doch hört man immer gern von zu Hause.

In Liebe,

Eure Gretel

2.12. Heute ist ein Spitzerl von Fredys Zahn durch, der 4. oben. Bitte auch einschreiben.

Die 10 Kc sind von meinem Haushaltungsgeld. Vielleicht kann ich Dir öfter etwas zum Einheizen schicken.

Viele Grüße und Busserl von den beiden Roberts. Am besten glaube ich wär’s, wenn Ihr imstande wärt, die Giraffe auf den Boden zu transportieren und den kleinen Ofen in kleine Kabinett stellen.


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